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Fünf Fragen an Feministin und Autorin Rosebell Kagumire

Wir freuen uns sehr, dass wir Euch diesmal Rosebell Kagumire für unser Fünf-Fragen-Interview vorstellen können. Rosebell Kagumire ist eine feministische Aktivistin, Autorin und Medienspezialistin aus Uganda. Sie ist Expertin in zahlreichen Themenfeldern, wie zum Beispiel Menschenrechten, Feminismus und Friedens- und Konfliktforschung. Mehrere ihrer Publikationen haben bereits Preise gewonnen. Rosebell Kagumire setzt sich weltweit für die Rechte von Frauen und Mädchen ein.

 ONE: Warum brauchen wir im Jahr 2019 Feminismus?

Rosebell Kagumire: Unterdrückung existiert, das Patriarchat existiert und dieses System ist genau so veränderbar wie es unbeweglich ist. Viele Frauen haben noch immer nicht die gleichen Rechte wie Männer, egal ob in Europa, Lateinamerika oder Afrika. Mädchen werden immer noch davon abgehalten sie selbst zu sein, ihre körperliche Selbstbestimmung ist noch immer ein Mythos, da Parlamente und Gesellschaften Regulierungen zu Kleidung und anderen Ausdrucksformen diskutieren. In vielen Ländern wird Mädchen der Zugang zu Verhütungsmitteln und sexueller Aufklärung verwehrt. Und, dass trotz hoher Zahlen an Jugendlicher, die auf Grund sexueller Gewalt und Ungleichheiten schwanger werden. Der Gender Pay Gap existiert in den meisten Ländern der Welt. Die Angst vor Personen, deren Existenz die gut aufgestellten Strukturen der patriarchalen Hierarchien und Mächte ins Wanken bringt, ist noch immer real. Wir agieren noch immer in einer Welt, in der die Abwesenheit von Frauen am Verhandlungstisch aufrechterhalten und entschuldigt wird. Wo die Körper von Frauen noch immer für männliches Gefallen und Kontrolle definiert werden.             Wo über Caster Semenyas Körper im Gericht entschieden wird. Eine Welt, die immer mehr von Unternehmen und einzelnen Personen beherrscht wird, auf Kosten der Mehrheit der Gesellschaft. Bis das Patriarchat und sich überschneidende Unterdrückungen wie Rassismus nicht mehr präsent sind, wird Feminismus weiterhin von großer Bedeutung sein.

ONE: Welche/r Politiker*in ist in der Lage wirkliche Veränderungen für Frauen und Mädchen weltweit zu bewirken?

Rosebell Kagumire: Kein/e Politiker*in kann wirkliche Veränderungen langfristig bewirken. Die Veränderungen, die wir anstreben sind strukturell und viele Formen der Unterdrückung sind historisch verankert. Andere tauchen jetzt erst auf. Die Führungspersönlichkeiten, die wir egal in welchem Feld brauchen, müssen verstehen, dass Gleichheit und Ausgrenzung nichts mit persönlichen Vorlieben zu tun hat. Sondern mit dem absichtlichen Beseitigen von Barrieren, die über Generationen genutzt wurden, um Menschen auszugrenzen. Wir benötigen Führungspersönlichkeiten, die ihre Landsleute nicht für ihren eigenen Gewinn hintergehen. Die Art von Persönlichkeit, die in die Vergangenheit blickt und ein Sprachrohr für ausgegrenzte Gemeinschaften schafft, um denen eine Stimme zu geben, die sie am meisten benötigen.

ONE: Was kann die deutsche Regierung Ihrer Meinung nach tun, um die Situation von Frauen und Mädchen zu verbessern?

Rosebell Kagumire: Die Außenpolitik muss sich der Geschichte bewusst sein. Dass wir nicht zufällig am jetzigen Zeitpunkt angekommen sind. Wir benötigen eine Politik, die sich über die verschiedenen Bereiche der Unterdrückung bewusst ist und sich um systemische Veränderung bemüht, nicht nur an Schlagwörtern aufhängt. Die zivilgesellschaftlichen Bewegungen sollten die Grundlage der Veränderungen sein, außerdem müssen Frauen und Mädchen am Verhandlungstisch sitzen. Und zwar an jedem, an dem sich die Regierung beteiligt. Die Zeit, in der so getan wurde, als ob man für Mädchen und Frauen spricht, ist lange vorbei, sie sind hier und können für sich selbst sprechen. Die Erfahrungen und Realitäten von Menschen sollten Maßnahmen ein- und anleiten.

ONE: Was ist Ihr erster Ratschlag für Menschen, die sich für Frauen und Mädchen weltweit einsetzen?

Rosebell Kagumire: Hört Frauen und Mädchen zu, bezahlt Frauen und Mädchen, bezieht Frauen und Mädchen mit ein. Begreift, dass patriarchale Lösungen für Ausgrenzung langfristig nicht funktionieren. Dass Frauen und Mädchen nicht die einzigen sein sollten, die das Patriarchat beenden. Investiert in dekonstruierende Männlichkeitsbilder anstatt in die männliche Beteiligung bei weiblich organisierten Dingen.

ONE: Wir stehen noch vor einem langen Weg, bis wir Geschlechtergerechtigkeit erreicht haben. Was ist Ihrer Meinung nach der erste Schritt, um alle Barrieren für Frauen und Mädchen zu beseitigen?

Rosebell Kagumire: Wir sind umgeben von Hindernissen, wir müssen uns nach strukturellen Lösungen umschauen, nicht nach isolierten Projekten für die Stärkung von Frauen und Mädchen. Man mag denken, man hat viel geschafft, wenn man die Situation einiger weniger verbessert hat, aber wenn sich das System nicht verändert hat, werden auch erfolgreiche Frauen und Mädchen wieder auf diese Hindernisse stoßen.

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