HIV/Aids

Warum die Welt kurz vor dem Ziel steht und gleichzeitig Gefahr läuft, die Erfolge zu verspielen.

Im Juni 1981 tauchten in den USA die ersten Meldungen über eine mysteriöse Immunschwächekrankheit auf. Heute gilt dieses Datum als Beginn der HIV-Epidemie, die seitdem rund 44,1 Millionen Menschenleben gefordert hat. Doch nie war die Bekämpfung so erfolgreich wie heute: moderne Präventionsmethoden, immer wirksamere antivirale Therapien, präzise Diagnostik und ein tiefes Verständnis des Virus. Die Erfolge sind beeindruckend: Die aidsbedingten Todesfälle sind seit 2004 um rund 70 Prozent zurückgegangen, die Neuinfektionen liegen um gut 60 Prozent unter dem Höchststand von 1996. Trotzdem bleibt die Ungleichheit der Versorgung ein Bremsklotz, der entscheidet, wer leben darf und wer nicht. Dazu kommen Budget-Kürzungen, die die Erfolge aufs Spiel stellen.

Was ist HIV? Was ist Aids?

Die Abkürzung ‘HIV’ steht für Humanes Immundefizienz-Virus. Nach Ansteckung greift HIV das menschliche Immunsystem an und schwächt dadurch die körpereigenen Abwehrkräfte. Ohne Behandlung kann dies dazu führen, dass der Körper nicht mehr in der Lage ist eindringende Erreger wie Bakterien, Pilze oder Viren zu bekämpfen. Im fortgeschrittenen Stadium spricht man deshalb von Aids (‘Acquired Immune Deficiency Syndrome’ bzw. ‘Erworbenes Abwehrschwäche-Syndrom), wo das Immunsystem so stark beeinträchtigt ist, dass bestimmte lebensbedrohliche Erkrankungen wie schwere Lungenentzündungen nicht mehr verhindert werden können.

Übertragung, Symptome und Behandlung

Eine Ansteckung mit HIV erfolgt am häufigsten beim ungeschützten Geschlechtsverkehr. Das Virus kann nicht durch alltägliche Kontakte im Alltag, beim Sport oder bei der Arbeit übertragen werden. Auch die gemeinsame Nutzung von sanitären Anlagen oder Küssen stellen kein Übertragungsrisiko dar. Neben ungeschütztem Geschlechtsverkehr kann eine Ansteckung während der Schwangerschaft, Geburt, dem Stillen oder anderweitigem Kontakt mit infiziertem Blut erfolgen.

Dank moderner Therapiemethoden lässt sich das Risiko einer Infektion jedoch stark senken. Antivirale Medikamente unterdrücken die Vermehrung von HIV im Körper und halten die Viruslast so in Schach. Bei einer erfolgreichen Anwendung ist das Virus nach einiger Zeit nicht mehr im Blut nachweisbar. HIV-positive Mütter können in diesem Fall natürlich gebären. Außerdem ist das Virus in diesem Fall nicht mehr sexuell übertragbar. Um derartige Erfolge zu erzielen, ist es jedoch unabdingbar, dass die Behandlung rechtzeitig erfolgt. Dies setzt allerdings voraus, dass die HIV-Infektion möglichst frühzeitig erkannt wird. Eine Infektion kann eindeutig nur mit Hilfe eines Tests festgestellt werden, da die Symptome von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ausfallen und zudem oftmals den Symptomen einer Grippe ähneln.

Wie weit sind wir in der Bekämpfung von HIV?

Trotz herausragender Fortschritte in der medizinischen Forschung ist die Krankheit nach wie vor nicht heilbar. Allerdings führte die Anwendung von antiviralen Medikamenten zu einer wesentlich niedrigeren Zahl von Neuinfektionen weltweit und zu einer Reduktion um circa 70% der im Zusammenhang mit Aids stehenden Todesfälle (im Vergleich zu 2004). Die Medikamente minimieren die Viruslast und verhindern somit den Ausbruch von Aids. Nichtsdestotrotz wurden im Jahr 2024 allein rund 1,3 Millionen Neuinfektionen verzeichnet. Insgesamt leben aktuell rund 40,8 Millionen Menschen mit HIV. Davon sind 53% Mädchen und junge Frauen. Der Großteil der mit HIV/Aids lebenden Menschen lebt in Ländern südlich der Sahara, die überproportional von der Epidemie betroffen sind. Rund 74% aller aidsbedingten Todesfälle im Jahr 2023 entfielen auf diese Region.

Die Gründe dafür sind komplex. Zum einen gestaltet sich der Zugang zu antiviralen Medikamenten schwieriger. Während in Deutschland aktuell 99% aller HIV-positiven Patienten mit antiviralen Medikamenten versorgt werden, erhalten nur 81% der Menschen in Ländern südlich der Sahara ähnliche Medikamente. Eine flächendeckende Versorgung wird insbesondere durch logistische Hindernisse erschwert. Abgelegenere, lokale Gesundheitszentren erleben dadurch Medikamentenengpässe, die sich negativ auf die Erfolge antiviraler Therapien auswirken können. Außerdem hatte die Covid-19 Pandemie verheerende Auswirkungen auf die weltweite Bekämpfung von HIV. Beispielsweise beeinträchtigten pandemiebedingte Schließungen den Zugang zu HIV-Gesundheitsleistungen. Unter anderem sank dadurch die Zahl der Menschen, die sich auf HIV/Aids testen ließen – in einigen Regionen um bis zu 40% im Vergleich zu 2019 (z.B. in Afrika und Asien).

Die zentralen Herausforderungen verschärfen sich auch an anderer Front: Viele Geberländer kürzen dramatisch bei ihrer Official Development Assistance (ODA), wodurch weniger Geld in lebensrettende Programme fließt. Gleichzeitig erleben Länder auf dem afrikanischen Kontinent eine dramatische Finanzierungslücke in ihren Gesundheitssystemen. Schuld daran sind steigende Schuldenlasten, hohe Zinsen, geopolitische Spannungen und der Rückzug einiger Geberländer aus multilateralen Verpflichtungen.

Kurz gesagt: Die Wissenschaft liefert. Aber die Politik muss mitziehen!

Wie der Globale Fonds HIV und Aids bekämpfen kann

Der Zugang zu HIV/Aids-Tests stellt neben antiviralen Medikamenten ein zentrales Element zur Bekämpfung von HIV dar. Allerdings gestaltet sich das Betreiben und Instandhalten von Testzentren schwierig. Zusätzlich verhindern Vorurteile, Stigmatisierung und soziale Ausgrenzung von HIV-positiven Menschen in einigen Regionen, dass mehr Menschen sich testen lassen. Dies untergräbt nicht nur die bisher verzeichneten Fortschritte wie z.B eine reduzierte Übertragungsrate, sondern verringert auch die Erfolgschancen einer antiviralen Behandlung. Um diesen Vorurteilen entgegenzuwirken hat der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria lokale Aufklärungsprogramme ins Leben gerufen und gefördert. Dabei klären Pfleger*innen aus der jeweiligen Gemeinde über HIV-Übertragung, Ansteckung und Behandlungsmöglichkeiten auf. Außerdem unterstützt der Globale Fonds die Instandhaltung von lokalen Beratungszentren für HIV-positive Personen sowie Teststationen und setzt sich für den verbesserten Zugang zu antiviralen Medikamenten ein.

74% der Fördermittel des Globalen Fonds flossen zuletzt in besonders stark betroffene Gebiete südlich der Sahara. Dort wurden seit der Gründung des Globalen Fonds im Jahr 2002 außerordentliche Fortschritte erzielt. Beispielsweise sank die Zahl der Todesfälle um 74% und die Zahl der Neuinfektionen um 62% in Regionen, in denen der Globale Fonds aktiv ist. Darüber hinaus wurde erreicht, dass 648.000 HIV-positive Mütter in diesen Gebieten Zugang zu antiviralen Medikamenten erhielten, was eine Übertragung an das Baby verhindert.

Das Ende von HIV ist in Sicht – wenn Länder ihre Zusagen einhalten

Die Pandemie hat gezeigt, wie schnell globale Gesundheitsfortschritte bröckeln und wie sehr die HIV-Bekämpfung von verlässlicher Politik abhängt. Damit 20 Jahre Erfolge nicht verpuffen, braucht es jetzt drei Dinge: Deutschland muss seine Zusagen einhalten, sonst brechen Programme in über 100 Ländern weg. Ungleichheiten beim Zugang zu Tests, Prävention und Behandlung müssen endlich abgebaut werden. Und Gesundheitssysteme müssen so gestärkt werden, dass HIV nicht länger an Lieferketten, Engpässen oder fehlender Infrastruktur scheitert. Die Wissenschaft ist bereit, die Politik muss jetzt ihre Verpflichtungen erfüllen.