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Frühjahrstagung von Weltbank und IWF: Schuldendienste übersteigen Entwicklungsinvestitionen

  • Neue Analyse von ONE zeigt eklatante Schieflage bei globaler Entwicklungsfinanzierung auf
  • Exo-Kreischer: „Kein Land sollte zwischen Schuldendiensten und Menschenleben entscheiden müssen”

Berlin, 18. April 2024. Die Entwicklungsorganisation ONE hat errechnet, dass die weltweiten Nettofinanztransfers an ärmere Länder auf dem niedrigsten Stand seit der globalen Finanzkrise gesunken sind. Vor der Frühjahrstagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) ruft ONE Finanzminister Christian Lindner auf, Deutschlands Einfluss bei den Geberländern geltend zu machen, gemeinsame Maßnahmen ergreifen, um diesen gefährlichen Trend umzukehren, sodass ärmere Länder besseren Zugang zu deutlich günstigeren Krediten erhalten.

Vergangene Woche veröffentlichte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihre jährliche Statistik zu weltweiten Investitionen in die Entwicklungszusammenarbeit. Laut OECD waren die globalen Entwicklungsinvestitionen 2023 so hoch wie noch nie. ONEs neue Analyse zeigt jedoch auf, dass die Empfängerländer wegen der Schuldendienste kaum etwas von diesen Investitionen haben, da ihre Ausgaben zur Begleichung von Schulden die Investitionen kontinuierlich und signifikant übersteigen. Unterm Strich drohen bereits 2024 50 Milliarden US-Dollar aus ärmeren Ländern abzufließen.

Stephan Exo-Kreischer, Europa-Direktor von ONE, sagt dazu: „Mehr als jedes fünfte arme Land zahlt mehr Schulden zurück als es finanzielle Unterstützung erhält. Die Tendenz sieht noch düsterer aus: Dieses Jahr werden vorausichtlich mehr Gelder aus Entwicklungsländern abfließen als aus dem Ausland investiert werden. Das heißt, dass wichtige Entwicklungsinvestitionen schlicht zu verpuffen drohen. Die Weltbank und der IWF müssen hier dringend umsteuern. Sie müssen den betroffenen Staaten mehr Flexibilität und Möglichkeiten verschaffen, wieder in die eigene Entwicklung investieren zu können. Kein Land sollte sich zwischen Schuldendiensten und Menschenleben entscheiden müssen.”

ONEs Analyse zur Frühjahrstagung von IWF und Weltbank zeigt auf, dass die Netto-Finanztransfers an ärmere Länder (neue Kredite und Entwicklungsinvestitionen abzüglich der Abflüsse für Schuldendienstzahlungen) im Jahr 2022 auf den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise sinken und im Jahr 2023 wahrscheinlich in den negativen Bereich fallen werden. Die wichtigsten Zahlen auf einen Blick: 

  • Die Netto-Finanztransfers in ärmere Länder sind von ihrem Höchststand von 225 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 auf 51 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 (dem letzten Jahr, für das Daten verfügbar sind) gesunken.
  • Laut Prognosen von ONE werden die Finanzströme in den nächsten zwei Jahren um über 100 Milliarden US-Dollar zurückgehen. Rechnet man die Schuldendienste gegen, die ärmere Länder leisten, drohen 2024 unterm Strich 50 Milliarden US-Dollar aus diesen Ländern abzufließen.  
  • Die Länder mit mittlerem Einkommen blieben 2022 das zweite Jahr in Folge mit negativen Nettoströmen zurück.
  • Mehr als eines von fünf Schwellen- und Entwicklungsländern zahlte 2022 mehr für den Schuldendienst, als sie an Auslandsfinanzierung erhielten. Dieser Anteil könnte bis 2025 auf mehr als ein Drittel ansteigen.
  • Geberländer wie Deutschland freuen sich über neue die neue OECD-Statistiken, die einen neuen Rekord bei der weltweiten Hilfe ausweisen. Allerdings geben sie fast jeden fünften Euro der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im eigenen Land aus (zum Beispiel für die Versorgung von Geflüchteten im Inland). Dadurch stagniert die finanzielle Unterstützung für ärmere Länder, insbesondere in Afrika.

Bei der Frühjahrstagung drängt ONE die Entscheidungsträger*innen aus Politik und dem internationalen Finanzwesen zu raschen Reformen, die Hunderte von Milliarden Dollar an kostengünstigen Krediten freisetzen könnten. Bei der Tagung steht auch die diesjährige Auffüllung der sogenannten International Development Association (IDA) auf der Agenda. IDA ist ein Instrument, mit dessen Hilfe am Kapitalmarkt Mittel gehebelt, die wiederum als günstige Kredite für die Entwicklungsfinanzierung bereitgestellt werden. Viele afrikanische Finanzminister haben bereits eine Verdreifachung der IDA-Mittel bis 2030 gefordert.

Informationen für Journalist*innen:


ONE
ist eine internationale Bewegung, die sich für das Ende extremer Armut und vermeidbarer Krankheiten bis 2030 einsetzt. Damit jeder Mensch ein Leben in Würde und voller Chancen führen kann. Wir sind überparteilich und machen Druck auf Regierungen, damit sie mehr tun im Kampf gegen extreme Armut und vermeidbare Krankheiten, insbesondere in Afrika. Zudem unterstützt ONE Bürger*innen dabei, von ihren Regierungen Rechenschaft einzufordern. Mehr Informationen auf www.one.org.

Pressekontakt:
Scherwin Saedi:
0152 / 03 77 14 29, [email protected]