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EU-Afrika-Partnerschaft auf Augenhöhe?

Dies ist ein Gastbeitrag von Nadja Grossenbacher und repräsentiert nicht zwingend die Ansichten von ONE. Die Autorin absolviert ein Praktikum im Medien-Team und hat zwei Jahre auf dem afrikanischen Kontinent gelebt.

„Die EU hat beschlossen, dass heute von hier aus keine Busse fahren“ wurde mir mitgeteilt, als ich gerade in den lokalen Bus einsteigen wollte, der mich die wenigen restlichen Kilometer zum Anja Nationalpark in Madagaskar bringen sollte. „Was hat die EU bitteschön in Bezug auf den lokalen Busfahrplan Madagaskars zu melden?“ fragte sich mein naives Ich. Tatsächlich hat die EU nicht nur diesbezüglich ganz schön viel zu melden – und das nicht nur auf Madagaskar, sondern auf dem gesamten afrikanischen Kontinent.

                               Bildquelle: © Nadja Grossenbacher


Gerechte Handelspartnerschaften?

Der Erhalt dieser schon fast allumfassend scheinenden Macht, die die ehemaligen Kolonialstaaten nach wie vor auf dem Papier in anderer Form ausüben, soll wohl sichergestellt werden. Nicht, dass China es wagt, sich zwischen diese Beziehungen zu drängen und die Rohstoffe des afrikanischen Kontinents gar noch für sich zu beanspruchen. Da muss Europa nochmal schnell reingrätschen, um die Machtverhältnisse klarzustellen. 2020 fanden weltweit “black lives matter”-Proteste statt und postkoloniale Kritik gelangt mehr und mehr in die gesamtgesellschaftliche Debatte. Und dennoch scheint der Gedanke, dass jene Länder, die hohe Rohstoffvorkommen haben, auch über diese entscheiden und sie zu fairen Preisen verkaufen können sollten, wohl noch immer geradezu absurd. Für Europa scheint ein fairer Handel zu bedeuten, Afrikas Rohstoffe nach wie vor für sich zu beanspruchen, jedoch gleichzeitig Industrieprodukte zu exportieren.

                             Bildquelle: Unsplash // Aaron Blanco Tejedor

Europas Hegemonie

Der Afrika-EU-Gipfel, der auf 2021 verschoben wurde, könnte Möglichkeiten bieten, um die Dinge zum Besseren zu wenden. Bis dahin hätte Europa auch noch genügend Zeit, ihre Migrationspolitik zu überdenken und beispielsweise Menschen aus afrikanischen Ländern eine sichere Migration nach Europa zu ermöglichen. Derzeit wird diese Option größtenteils lediglich Fachkräften in einem halbwegs machbaren Rahmen geboten – dabei wird gerade diese Gruppe oft vor Ort mindestens ebenso dringend gebraucht. Deutschland könnte die derzeitige Position als Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft sowie als nicht-ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrat nutzen, um auf die bisherige und derzeitige soziale und politische Ungleichheit zwischen Europa und Afrika aufmerksam zu machen. Erst, wenn sich diese Schere der Ungleichheit leicht angeglichen hat oder zumindest der Wille Europas da ist, einen tatsächlichen Schritt auf den afrikanischen Kontinent zuzugehen, kann die Basis für Verhandlungen auf Augenhöhe geschaffen werden. Und genau dieses Outcome fordert auch ONE: eine Afrika-EU-Partnerschaft auf Augenhöhe.

                              Bildquelle: Unsplash // Maria Oswalt

Was kann ich im Alltag tun?

Ein Anfang, um eine Partnerschaft auf Augenhöhe auch auf eine politische Ebene zu übertragen, könnte es sein, dass jede*r von uns versucht, ein anderes Bild des afrikanischen Kontinents zu etablieren und vor allem die Bewohner*innen des Kontinents auf Augenhöhe mit jenen Europas zu betrachten. Was so einfach und selbstverständlich klingen mag, scheint gesamtgesellschaftlich leider noch immer realitätsfern. Sei der Anfang, setze ein Zeichen, zeige Respekt und lebe Egalität. Wenn wir dies als Gesellschaft schaffen, steigen die Chancen, dass sich diese Werte auch auf die weltpolitische Ebene übertragen.

                             Bildquelle: Unsplash // Logan Weaver

Wie genau der Einfluss der EU auf Madagaskars Busfahrpläne aussieht, ist mir leider bis heute ein Rätsel. Dass ich dies bis heute weder auflösen noch verstehen konnte, mag aufzeigen, wie intransparent der europäische Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent in vielerlei Hinsicht oft noch immer zu sein scheint. Diesbezüglich für mehr Transparenz zu sorgen, könnte ein erster Schritt sein, um die kleinen und großen Rätsel um das Mysterium der Wirtschaftsbeziehungen und der tatsächlichen Machtverhältnisse zwischen Europa und Afrika zu lösen.

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