Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht klar: Frieden und Sicherheit sind die zentralen Eckpfeiler der Außen- und Entwicklungspolitik. Dafür sind feministische Ansätze und die Beteiligung von Frauen unabdingbar – denn Friedensabkommen, an denen Frauen beteiligt sind, halten nachweislich länger.
Es ist ein positives Zeichen, dass die Bundesregierung sich dazu verpflichtet hat, die UN-Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit umzusetzen und weiterzuentwickeln. Das ist wichtiger denn je, weil Frauen oft in Friedensverhandlungen kein Gehör finden.
Die Situation sudanesischer Frauen im aktuellen Konflikt zeigt exemplarisch, warum Geschlechtergleichstellung kein „nice-to-have“ ist, sondern ein zentrales Kriterium für erfolgreiche Friedenspolitik und Entwicklungszusammenarbeit.
Was ist die Agenda 1325 – und warum ist sie heute wichtiger denn je?
Vor 25 Jahren verabschiedete der UN-Sicherheitsrat Resolution 1325. Sie verpflichtet die internationale Gemeinschaft dazu, Frauen systematisch in Friedensprozesse einzubeziehen, sie vor sexualisierter Gewalt zu schützen und Genderperspektiven in allen sicherheits- und entwicklungspolitischen Maßnahmen zu berücksichtigen.
Diese Prinzipien sind heute aktueller denn je. Frauen und Mädchen sind weltweit überproportional von Konflikten und Krisen betroffen und gleichzeitig sind sie unverzichtbare Akteur*innen des Friedens.
- Friedensabkommen mit weiblicher Beteiligung halten im Schnitt 35% länger – über 15 Jahre hinweg.
- Frauen bringen auch diversere Perspektiven in Verhandlungen ein, wodurch sichergestellt wird, dass eine Vielzahl von Ansichten und Interessen vertreten wird.
Inklusivität zu verbessern, indem Frauen auf allen Ebenen und in allen Phasen von Friedensprozessen teilhaben, ist ein wichtiger Ansatz zur Stärkung von Friedensprozessen.“
– Dritter Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der Agenda 1325
Doch der Ausschluss von Frauen ist immer noch die Regel. 2023 waren im globalen Durchschnitt nur 5% der Verhandler*innen, 9% der Mediator*innen und 19% der Unterzeichnenden an Friedensabkommen weiblich – ohne Kolumbien sogar nur 3,75%.
Frauen im Sudan: Am stärksten betroffen, am meisten engagiert – und dennoch ausgeschlossen
Im Sudan hat sich die Krise in den vergangenen zwei Jahren dramatisch verschärft – mit katastrophalen Folgen für Frauen und Mädchen:
- Über 5,8 Millionen Frauen und Mädchen sind innerhalb des Landes vertrieben – das sind 53% der Binnenflüchtlinge.
- Der Zugang zu Gesundheitsversorgung, sauberem Wasser oder Schutz vor Gewalt ist für viele schlichtweg nicht mehr gegeben.
- Die Zahl der von geschlechtsspezifischer Gewalt bedrohten Menschen hat sich mehr als verdreifacht.
Gleichzeitig sind Frauen die Schlüsselakteur*innen bei der Krisenbewältigung und Friedensprozesse. Zwei Drittel der Demonstrierenden in Sudan, die 2019 zum Sturz des damaligen Präsidenten Omar al-Bashir beitrugen, waren Frauen. Sie organisierten Fluchtrouten, leisteten Hilfe und setzten sich für gewaltfreie Lösungen ein – oft dort, wo staatliche Hilfe fehlt. Und trotzdem: In den Friedensverhandlungen, auch 2023 in Jeddah, waren keine Frauen beteiligt. 49 Organisationen gründeten die „Peace for Sudan Platform““, um für ein inklusives Abkommen zu kämpfen – bislang ohne Erfolg.
Das steht im klaren Widerspruch zur Agenda 1325, die genau solche Exklusion verhindern will.
Ein Schlüsselfaktor, der den Fortschritt untergräbt, ist die zunehmende Ablehnung von Frauenrechten und Geschlechtergleichstellung.“
– Bericht des UN-Generalsekretärs zu Frauen, Frieden und Sicherheit, September 2024
Was für Frauenrechte jetzt passieren muss
- Frauen müssen in alle Friedensprozesse und Wiederaufbauprogramme systematisch eingebunden werden.
- Deutschland muss den vierten Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung von Resolution 1325, der eigentlich bis Ende 2025 erscheinen sollte, zügig und unter Einbindung der Zivilgesellschaft erarbeiten. Er braucht klare, messbare Ziele und eine verbindliche Umsetzung.
- Zum Schutz und zur Unterstützung von Überlebenden sexualisierter Gewalt sollte die Bundesregierung im neuen Aktionsplan einen transformativen Ansatz zur Bekämpfung und Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt verankern – mit langfristiger Finanzierung und politischer Verbindlichkeit, vor, während und nach Konflikten.
- Lokale feministische und Frauengeführte Organisationen im Sudan und anderen Konfliktländern leisten unverzichtbare Arbeit – sie müssen finanziell, politisch und strukturell gestärkt werden.
Auch 25 Jahre nach Verabschiedung der Agenda 1325 sind Frauen – wie aktuell im Sudan – von Friedensprozessen oft ausgeschlossen. Dabei ist ihre Beteiligung entscheidend für nachhaltigen Frieden.
Die Bundesregierung muss handeln: Die Agenda 1325 muss konsequent umgesetzt werden – mit echter Beteiligung von Frauen, gezielter Förderung lokaler Akteur*innen und einen stärkeren Fokus auf Geschlechtergleichstellung in der Entwicklungszusammenarbeit.