Jeanne Marie Uhiriwe ist mit ihrem Solar-Kiosk sehr zufrieden. Es ist einer von 25 in Ruanda und ein echter Hingucker im Geschäftsviertel von Kigali. Der knallrote hohe Plastikkasten auf Fahrradrädern sieht aber auch ungewöhnlich aus. Entwickelt wurde der kompakte mobile Solar-Kiosk vom ruandischen Startup ARED. Auf Fahrradrädern steht er, damit er gut manövrierbar ist. In seinem Inneren befindet sich ein starker Lithium-Ionen-Akku, der von zwei ausklappbaren Sonnenkollektoren mit einer Leistung von je 40 Watt gespeist wird.
Am Kiosk können gleichzeitig bis zu 30 Elektrogeräte geladen werden. Die Kunden zahlen 100 ruandische Francs (umgerechnet 14 US-Cent), um ihr Gerät für bis zu zwei Stunden anzuschließen und aufzuladen – meist ihre Handys, aber gelegentlich auch ein Tablet oder einen MP3-Player.
Das Zentrum Kigalis mit seiner relativ stabilen Stromversorgung mag auf den ersten Blick nicht der logischste Ort für die Aufstellung einer mit Solarenergie betriebenen Ladestation sein. Dennoch boomt das Geschäft für Jeanne inmitten des hektischen Treibens. Viele ihrer Kunden sind in Eile und zahlen die vollen 100 Francs, auch wenn sie ihr Gerät bloß 5 Minuten laden, bevor sie weitermüssen. Während der häufigen Stromausfälle zieht das Geschäft noch einmal an. Zurück in ihrem ruhigeren Heimatdorf ist Jennys Kiosk meist komplett mit ladenden Handys belegt: Hier ist Strom noch knapper als in Kigali.
Es ist Jeannes erstes eigenes Kleinunternehmen – und ein großer Schritt weg von dem, was sie noch vor einigen Monaten erträumt hatte. Außerdem ist sie gern ihre eigene Chefin. Das Startkapital bekam Jeanne vom Familienverband des Dorfes – eine glückliche Fügung, denn viele haben keinen Zugang zu Krediten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie geglaubt, dass sie gemäß der Familientradition im Dorf Kayonza in der Ostprovinz Ruandas Milchkühe halten müsste.
Neben dem benötigten Kapital bringt Jeanne noch weitere Voraussetzungen mit, um das mobile Solar-Kiosk erfolgreich zu betreiben: Sie kann lesen und schreiben und sie begreift ihr Ein-Frau-Unternehmen als Sprungbrett für größere Vorhaben. Die 23-Jährige ist zuversichtlich, dass sie ihr Darlehen in 18 Monaten zurückgezahlt hat. Zudem will sie einen Managementkurs absolvieren.
Wie in vielen anderen afrikanischen Ländern ist auch in Ruanda die schwankende Stromversorgung ein großes Problem. In Reaktion darauf wurde 2012 ARED gegründet – mit dem Ziel, ländliche und städtische Gegenden in Ruanda ohne Anschluss ans Stromnetz mit Elektrizität zu versorgen. ARED ist nur eine von vielen Initiativen in diesem Bereich: Die Regierung plant, die Stromversorgung bis 2017 zu verdreifachen – mit Hilfe von Torf, Methangas und Importen aus Nachbarländern. Die Zahl der Haushalte mit Stromanschluss ist bereits stark gestiegen – aber noch bleibt viel zu tun. Offiziellen Zahlen zufolge besitzen fast 8 Millionen Ruander ein Mobiltelefon – bei einer Gesamtbevölkerung von 11,5 Millionen. Laut Weltbank haben jedoch nur 16 % der Bevölkerung Zugang zu Elektrizität.
Ein funktionierendes Handy ist unverzichtbar in einem Land, in dem es praktisch kein Festnetz gibt und in dem Mobiltelefone für das Gesundheitswesen, die Wirtschaft und das Bildungswesen immer wichtiger werden. Der schlechte Zugang zu Elektrizität hat jedoch weitreichendere Folgen als nur Handys mit leerem Akku: Babys, die im Dunklen geboren werden, Kinder, die ihre Hausaufgaben bei kargem Licht machen müssen, und Lebensmittel, die sich nicht kühlen lassen. Die Lösung dieser Probleme erfordert langfristige Investitionen – und gute Ideen und Unternehmer wie Jeanne.
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