Vor nur wenigen Wochen, konnte man keine Zeitung aufschlagen ohne das Gesicht von Sepp Blatter zu sehen. Ebenso erging es vor einigen Monaten Uli Hoeneß. Steuerhinterziehung und Korruption erhitzen die Gemüter – und das völlig zu Recht. Diese Gelder werden schließlich nicht einfach dem Staat vorenthalten – sie fehlen in den Schulen, auf den Feldern und in den Krankenhäusern.
Dementsprechend habe ich mich sehr darauf gefreut in dieser Woche am 4. Workshop des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik zu Domestic Revenue Mobilization (Mobilisierung von Eigeneinnahmen) in Entwicklungsländern teilzunehmen. Nur wenige Wochen vor der dritten Finanzierungskonferenz in Addis Abeba, bei der die Regierungen der Welt sich treffen werden, um sich auf die Finanzierung der neuen Entwicklungsziele zu einigen, ist das Thema aktueller denn je. Denn dank ihrer positiven Entwicklung in den letzten Jahren sind in den meisten Entwicklungsländern heute nationale Einnahmen, für Investitionen in beispielsweise Gesundheit oder Bildung, bereits wichtiger als internationale Entwicklungshilfe. Umso schlimmer ist es, dass jedes Jahr viele Milliarden Dollar aus Entwicklungsländern illegal abfließen – ein Vielfaches der eingehenden Entwicklungshilfe (Genaueres hierzu in unserem Bericht Der Billion Dollar Skandal).
Bei dem Workshop trafen sich internationale Wissenschaftler, Vertreter internationaler Organisationen und der Zivilgesellschaft, um verschiedene Aspekte dieses sehr komplexen Themas zu diskutieren – ich erspare euch an dieser Stelle die Details, aber so viel sei gesagt: Industrie- und Entwicklungsländer sitzen gemeinsam in diesem Boot. Staaten wie Deutschland, die bereits gut funktionierende Finanzsysteme haben, können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die illegalen Mittelabflüsse aus Entwicklungsländern zu bekämpfen und so nationale Steuereinnahmen zu erhöhen.
Wir fordern deshalb seit langem von der Bundesregierung, dass sie ihre Gesetzgebung verschärft – insbesondere die Offenlegungspflichten Multinationaler Unternehmen (MNU):
- Die wirtschaftlich Berechtigten hinter einem Unternehmen müssen öffentlich erkennbar sein, denn laut Weltbank werden in 70 Prozent aller Korruptionsfälle Strohmannfirmen zur Geldwäsche genutzt. Wir fordern deshalb bei der Umsetzung des neuen europäischen Geldwäschegesetzes von der Bundesregierung die Einführung eines öffentlichen Registers solcher wirtschaftlich Berechtigten aller in Deutschland registrierten Unternehmen und Trusts.
- Gleichzeitig sollten in Deutschland tätige MNUs dazu verpflichtet werden, Eckdaten ihrer Geschäftsaktivität für jedes Land in dem sie tätig sind in einem Open Data Format für alle einsehbar zu veröffentlichen (Country-by-Country Reporting) – denn dadurch würden Bürger und Steuerbehörden in die Lage versetzt Finanzbewegungen besser nachzuvollziehen und Missbrauch und Korruption aufzudecken.
- Alle Regierungen sollten sich verpflichten, alle ihre Daten zu veröffentlichen – so wie es die G8 Open Data Charta vorsieht – damit Bürger einfach und genau nachvollziehen können, wie staatliche Gelder ausgegeben werden. Die Bundesregierung sollte insbesondere ihre Berichterstattung an die International Aid Transparency Initiative.
- Entwicklungsländer, und insbesondere auch die am wenigsten entwickelten Länder, müssen vom Automatischen Austausch von Steuerinformationen profitieren, auch wenn sie selbst technisch noch nicht in der Lage sind, entsprechende Informationen zu liefern. Dadurch könnten sie ihre Steuerfahndung entscheidend stärken.
- Gleichzeitig sollten die OECD-Staaten Entwicklungsländer dabei unterstützen die Standards des OECD BEPS Aktionsplans.
In Deutschland konnten wir vor kurzem mit der Umsetzung des Bilanzrichtlinie einen entscheidenden Fortschritt feiern und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat bereits angekündigt, bis 2020 seine Ausgaben für Capacity Building im Bereich Domestic Ressource Mobilization zu verdoppeln. Wir begrüßen diese Ankündigung sehr, denn in einem waren sich eigentlich alle Experten des Workshops einig: um Steuervermeidung und illegale Mittelabflüsse effektiv zu bekämpfen, müssen die Steuer- und Zollbehörden der Entwicklungsländer gestärkt werden.
Wir werden weiter Druck machen, um auch bei den anderen oben genannten Punkten Zusagen der Bundesregierung und der anderen EU Staaten zu erreichen. Denn Entwicklungshilfe ist nur ein Teil des Puzzles – wer es mit nachhaltiger Entwicklung ernst meint, muss Entwicklungsländer dabei unterstützen Entwicklung aus eigener Kraft voranzutreiben.