Ja, es ist schön eine Frau zu sein! Das weibliche Geschlecht hat manchmal schon seine Vorteile, aber leider auch seine Nachteile. Ehrlich gesagt wäre das Leben ohne uns definitiv langweiliger und weniger schön. Denn wir besitzen die schönste Fähigkeit überhaupt – wir schenken Leben! Ohne uns wäre die Welt viel grausamer und einsamer. Doch sind wir es auch oft, die leiden, verzweifeln, unterdrückt und nicht erhört werden. Insbesondere in Ländern, in denen unsere Stimmen kein Recht besitzt und von keinem Gesetz geschützt wird.
Im Laufe meines Lebens gab es, wie bei vermutlich vielen anderen auch, oft Höhen und Tiefen. Ich habe bereits als kleines Mädchen lernen müssen, was es bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Es gab viele Momente, in denen ich auf mich selbst gestellt war. Oft war es nicht einfach, aber dadurch konnte ich sehr viel über das Leben und über Menschen lernen. Letztlich machte es mich zu dem Menschen, der ich heute bin. Doch war und ist es heute immer noch ein Kampf, insbesondere als Frau. Manchmal ist es schon anstrengend und ermüdend immer wieder für seine Freiheiten oder für die Dinge zu kämpfen, an die man glaubt. Letztlich ist es einer der Gründe, warum ich mich für andere Menschen einsetze. Es ist ein regelrechter Kraftakt, der aus Fallen und immer wieder Aufstehen besteht. Hilfe zu leisten und Dinge zum positiven verändern zu wollen, ist manchmal gar nicht so einfach, wie man sich das vielleicht vorstellt. Vereinzelt nutzen einige Menschen diese Hilfe aus oder sie kommt nicht da an, wo sie dringend benötigt wird. In einigen Momenten war ich wirklich wütend und habe mich gefragt, warum ich das überhaupt mache. Doch es sind diese bestimmten Augenblicke und kleinen Erfolge, auf die man blickt, die einen glücklich machen und dafür sorgen, weiter zu machen. Ja, so könnte man meine Arbeit im Kampf gegen die Armut beschreiben. Insbesondere geprägt durch meinen Aufenthalt in Afrika, wo ich so einige Ups und Downs erlebte.
Mit unserer Arbeit bei ONE versuchen wir insbesondere politische Entscheider zu überzeugen, ihre Hilfsleistungen im Hinblick auf die Entwicklungszusammenarbeit für die Ärmsten der Welt zu erhöhen. Gerade für die Entwicklungsländer, die durch Korruption, fehlenden Zugang zu Bildung, fehlender Transparenz, mangelnder sanitärer Versorgung und damit von vielen Infektionskrankheiten geprägt sind. Letzten Endes ist es die Politik, die diesen Mangel beseitigen und damit Sorge tragen kann, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie am meisten benötigt wird. Fehlende politische und soziale Strukturen hemmen viele Länder in ihrer Entwicklung, vor allem in der Überwindung von Armut. Bei einem Treffen im EU-Parlament im letzten Jahr mit einem deutschen Vertreter kam irgendwann die Frage auf, ob wir schon einmal in Afrika gewesen sind. Zuhause beschäftigte mich diese Frage noch lange weiter. Ich fragte mich, warum ich für etwas kämpfe, wenn ich selbst noch nie da war. Also beschloss ich nach Afrika zu reisen, um mir selbst ein Bild über Land und Leute zu verschaffen. Dank einer Freundin, die mich auf ein Projekt STEP (Student Training for Entrepreneurial Promotion) aufmerksam machte, setzte ich meinen Plan in die Tat um. Das Gemeinschaftsprojekt der Leuphana Universität Lüneburg in Zusammenarbeit mit ost- und westafrikanischen Universitäten beförderte mich zu einem dreimonatigen Aufenthalt nach Nairobi (Kenia). Im Rahmen eines Forschungspraktikums unterstützten wir Studenten vor Ort bei der Unternehmensgründung. Die Studenten bekamen die Möglichkeit, an dem STEP Programm teilzunehmen, das ein 10-wöchentliches Businesstraining und die Ausstattung eines kleinen Startkapitals beinhaltete.
Ich werde nie die ersten Momente meiner Ankunft vergessen. Ich dachte nur: „Oh Gott, wie dunkel ist es hier und in was für einer Welt bin ich gelandet?“ Meine Kollegin und spätere Freundin Carina und ich haben einige Wochen gebraucht, um uns an die neue Welt zu gewöhnen. Nach einer Weile gefiel uns unsere neue Welt, besonders durch die täglichen neu erlebten Abenteuer und natürlich die tollen Freunde, die wir gefunden hatten. Verständlicherweise prägte mich diese Zeit aber noch auf eine andere Art sehr. Wir hatten oft die Möglichkeit uns mit den Kenianern zu unterhalten, damit ihre Sichtweisen und Geschichten zu erfahren und zu hören, was sie über die Deutschen wissen und denken. Bemerkenswert und faszinierend zugleich fand ich die Stärke und den Mut der afrikanischen Frauen. Oft sind sie der Haupternährer innerhalb ihrer Familie, einige ziehen sogar extra aus ihren Dörfern nach Nairobi in die Stadt, um Arbeit zu finden und dadurch ihre Familien zu ernähren. Unsere Sekretärin Caroline im Büro zeigte uns oft voller Stolz die Bilder ihrer Kinder, die bei ihren Eltern lebten. Manchmal, wenn man in ihre Augen blickte, sah man, wie sehr ihr die Kinder fehlten.
Relativ am Ende unserer Zeit hatten wir noch Zeit, um zwei Projekte, die in zwei Slums stattfanden, zu besuchen. Einer dieser Slums zählt zu den weltweit größten, liegt im Südwesten von Nairobi und nennt sich Kibera. Rogers, eine Freundin von uns, die wir an der Universität kennen gelernt hatten, betreute dort ein Umweltprojekt, das Schulkindern einen nachhaltigen Umgang mit ihrer Umwelt vermitteln soll. Irgendwann lud er uns zu einer Art “Tag der offenen Tür“ nach Kibera ein, wo Freiwillige ihre Projekte vorstellten. Wir nahmen diese Einladung natürlich dankend an. An diesem Tag halfen wir Rogers noch auf dem Weg dort hin, kleine Bäume zu besorgen, die dort gepflanzt werden sollten. Angekommen mussten wir noch alle Gegenstände in seinen Rucksack packen, zu groß war die Gefahr überfallen zu werden. Wie Rogers erzählte, hätte sie lange gebraucht, um die jeweiligen Gangs in den Teilgebieten von ihrer Arbeit zu überzeugen und Vertrauen aufzubauen, damit die ihnen nichts antun. Kibera besteht aus mehreren übergangslosen Teilsiedlungen, Schätzungen der UN zufolge leben zwischen 500.000 bis 700.000 Menschen auf einer Fläche von 2,5 Quadratkilometern zusammen. Ich werde nie diesen Gestank vergessen, der uns entgegenkam, als wir ein kleines Stück auf einer Art von Eisenbahngleisen zur Schule liefen. Unterwegs beobachtete ich die kleinen Blechhütten, in denen die Menschen auf wenigen Metern lebten oder Dinge verkauften. In der Schule angekommen erlebten wir an diesem Tag eine fröhliche Zeremonie und lernten natürlich auch die tollen Projekte kennen. Obwohl die Menschen dort nicht viel haben, sind sie dennoch fröhlich – vor allem die Kinder. Die dortige Schule vermittelt ihnen Wissen über Umwelt, gerade was Umweltverschmutzung ist und wie diese entsteht. Speziell wird ihnen vermittelt, was sie selbst tun können, um ihre Umwelt im Slum nachhaltiger zu gestalten und damit ihre Umwelt zu schützten. Bei einem Fragespiel in den einzelnen Klassen fragten die Lehrer dieses Wissen ab. Die Antworten der Kinder machten mich regelrecht sprachlos. Anschließend pflanzten wir die zuvor besorgten kleinen Bäume. Auch ich pflanzte meinen Baum und versprach eines Tages, wieder zu kommen und nach ihm zu sehen.
Diese tollen und unterschiedlichen Erlebnisse und Eindrücke, die ich während meines Aufenthaltes in Afrika sammelte, ermutigen mich weiter gegen extreme Armut zu kämpfen. Allerdings möchte ich meine Arbeit vorwiegend auf Frauen und Kinder konzentrieren. Sie sind noch viel mehr von Armut betroffen und müssen unter Missständen leiden. Umso größer war meine Freude, als die diesjährige ONE- Kampagne #MUT2015 am Weltfrauentag gestartet wurde. Denn im Fokus stehen dieses Jahr die Frauen und Mädchen. Ganz nach dem Motto: Armut ist sexistisch! Noch stärker sind Frauen und Mädchen in den Entwicklungsländern davon betroffen.
Im Rahmen dieser Kampagne sollten wir Ideen entwickeln, wie wir das Wort ARMUT zu MUT verändern könnten. Mit der großartigen Hilfe von Freunden und Bekannten fertigte ich dazu ein MUT-Video an. Während der Dreharbeiten im Fotostudio, die sehr viel Spaß bereiteten, ließen wir zwischenzeitlich einfach die Kamera laufen. Anschließend zauberte ich daraus dieses Video, die durch die großartige musikalische Komposition von Pazul untermauert wurde. An dieser Stelle noch mal einen großen Dank an alle beteiligten Personen & viel Spaß beim Anschauen!
– Alina Atay –