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Warum gibt es jetzt auch noch den Welttag gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten?

Hier bloggt Johanna Brinkel vom Deutschen Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten. Sie arbeitet am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Sie koordiniert und betreut infektionsepidemiologische Studien in Afrika, zu ihren Schwerpunkten zählen Themen der Globalen Gesundheit, Digital Health und NTDs.

Neue Wege zur Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten

Kaum jemand in Deutschland weiß, dass mehr als 1 Milliarde Menschen weltweit unter vernachlässigten Tropenkrankheiten leiden.  Das ist jeder siebte Mensch. Betroffen sind von diesen sogenannten vernachlässigten Tropenkrankheiten (im Englischen neglected tropical diseases, kurz NTDs) vor allem Menschen in armen Ländern der Tropen, insbesondere im südlichen Afrika, Südostasien und Südamerika. In diesen Ländern sind es wiederum die Ärmsten, die es trifft. Sie haben in der Regel keinen Zugang zu sauberem Wasser, Toiletten und medizinischer Behandlung. Sie wohnen oft dort, wo die Straße nicht mehr weiterführt.

Um mehr Aufmerksamkeit für diese Menschen zu schaffen, wurde am 30. Januar 2020 zum ersten Mal der Welttag gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten gefeiert. Über 150 weltweite Netzwerke und Organisationen unterstützen seit dem diesen Tag.

Was sind vernachlässigte Tropenkrankheiten?

Überträger vernachlässigter Tropenkrankheiten sind häufig Mücken, aber auch verunreinigte Nahrungsmittel oder Tiere, die Menschen mit Krankheitserregern wie Bakterien, Viren oder Würmern anstecken. Die Krankheiten führen meist nicht unmittelbar zum Tod, sind aber für die betroffenen Menschen eine große Belastung. Kranke Kinder können oft nicht zur Schule gehen, kranke Frauen können bei der Geburt sterben, kranke Eltern nicht arbeiten. Es leidet die ganze Familie, wenn eine Person krank ist. Auch für die Länder stellen NTDs ein Problem dar, da kranke Menschen weniger arbeiten können und damit die gesamte Wirtschaft nicht so leistungsstark ist. Ein Kreislauf, der in immer tiefere Armut führt und durchbrochen werden muss.

Seit 2017 zählt die Weltgesundheitsorganisation 20 Erkrankungen zu den vernachlässigten und armutsassoziierten Tropenkrankheiten. Expert*innen gehen davon aus, dass diese Erkrankungen in den nächsten zehn Jahren eingedämmt werden und einige sogar ganz beseitigt werden könnten – wenn man mehr dagegen unternehmen würde.

Was wurde bisher gegen die vernachlässigten Tropenkrankheiten unternommen?

Anders als bei anderen Erkrankungen, gibt es für einige der vernachlässigten Tropenkrankheiten bereits Medikamente, mit denen den Menschen geholfen werden kann. Manche Pharmaunternehmen stellen diese sogar kostenfrei zur Verfügung. Dennoch sind weitere Entwicklungen für besser verträgliche und wirksame Medikamente sowie für gute diagnostische Möglichkeiten und vor allem für Impfungen dringend nötig. Zudem besteht das Problem, dass die Medikamente bisher nicht bei denen ankommen, die sie benötigen. Die Länder, in denen die meisten der Kranken leben, ignorieren oft das Problem oder sind einfach nicht in der Lage dafür zu sorgen. Das ist z.B. der Fall, wenn Krieg herrscht, oder keine Krankenschwestern oder Ärzt*innen in der Gegend leben. Deshalb müssen viele zusammenarbeiten: die jeweiligen Regierungen der Länder, in denen die Kranken leben, die Regierungen der Länder, die Geld genug haben, um zu helfen, Pharmaunternehmen, aber auch solche, die Medikamente transportieren, Entwicklungsorganisationen, Ärzt*innen, Tierärzt*innen und Wissenschaftler*innen sowie die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

In Deutschland arbeitet seit neun Jahren ein Netzwerk aus Expert*innen der Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft zusammen, setzt sich für mehr Beachtung dieser Krankheiten ein und engagiert sich besonders dafür, dass die Bundesregierung noch mehr gegen NTDs tut.

Was wollen wir in Deutschland erreichen?

Viele Expert*innen in Deutschland wollen zusammen mit der Bundesregierung neue Ideen der Weltgesundheitsorganisation zur Umsetzung der Bekämpfung von NTDs unterstützen. Sie haben vor, in Kooperation mit der WHO und engagierten Ländern, in denen diese Krankheiten vorkommen, digitale Lösungen entwickeln, um erkrankte Menschen zu finden und gute Diagnosewerkzeuge zu erfinden.

Ein anderes Beispiel ist, dass die Bundesregierung bisher ein Bekämpfungsprogramm in Kamerun, der Demokratischen Republik Kongo, Gabun, Tschad, Kongo, Zentralafrikanische Republik unterstützt. Dieses Programm könnte z. B. auch auf Westafrika ausgeweitet werden.

Auch die Entwicklung neuer Medikamente ist ein weiteres Instrument. Z.B. könnten, anstelle von Infusionen, die nur in Krankenhäusern gegeben werden können, Tabletten hergestellt werden, die einfacher zu den Menschen gelangen können, die sie benötigen. Oft sind Impfungen für Menschen oder Tiere bei vielen Erkrankungen das beste und einfachste Mittel, um diese zu verhindern.

Besonders wichtig ist es aber auch, dass die Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten in Programmen zur Wasserversorgung und Hygiene, in Ernährungs- oder in Gesundheitsprogrammen zu HIV/Aids oder Müttergesundheit integriert wird. Das hat bisher noch nicht richtig stattgefunden.

Für weitere Infos kannst du die Website des Deutschen Netzwerks gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten besuchen, Jan-Thilo Klimisch auf X folgen oder den Feed ‘Uniting to Combat NTDs’ im Auge behalten.

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