Dies ist ein Gastbeitrag von Goldeimer im Rahmen unserer Blogserie zum Welttoilettentag am 19.11.2019. Goldeimer ist ein gemeinsam mit Viva con Agua gegründetes Social Business, das Kompost und Klos in den Fokus der Öffentlichkeit rücken und Sanitärprojekte der Welthungerhilfe möglich machen möchte.
Es riecht nach Hobelspänen. Eine Bravo von 1998 liegt auf dem Tresen zwischen der Kasse und einer Schachtel Tampons. Rundherum lassen angeheiterte Menschen mit Bierdose in der Hand im Takt die Arme hochwirbeln, während “King of my Castle” aus den Boxen wummert. Ist das hier der richtige Ort, um die Welt ein Stückchen besser zu machen?

Kompostklos sorgen für umweltfreundlichere Festivals. Photo Credits: 3Komma3
Wir von Goldeimer betreiben mittlerweile über 70 Komposttoiletten auf rund 20 Festivals pro Jahr. Chemiefrei, wasserlos und sauber. Die meisten kennen das Trockenklo nur noch von ihren Großeltern. Wenn überhaupt. Was viele Festivalbesucher*innen für ein längst überholtes Konzept halten, ist für uns im Festival-Kontext eine innovative Alternative. Und die findet Anklang. Manche finden aus Neugier zu uns, andere schätzen die Klos wegen des nachhaltigen Konzepts oder der sozialen Komponente. Denn mit der Nutzung unterstützen die Besucher*innen die Arbeit von Goldeimer und Sanitärprojekte von Viva con Agua und der Welthungerhilfe.
Ein Acker, eine Bühne und gute Stimmung
Die meisten Festivals finden in Arealen statt, die abgeschnitten von der regulären Sanitärversorgung sind. Auf einem Acker findet man nicht an jeder Ecke einen Wasser- und Abwasseranschluss, deshalb wird die Sanitärversorgung zu einem großen Teil über freistehende Toiletten abgedeckt. Fäzes und Urin werden hier mit einem Chemie-Cocktail vermengt, an dessen Geruch man sich auch noch Tage später erinnert, wenn auch nur ungern. Handwaschmöglichkeiten sind in den meisten Fällen nicht in direkter Umgebung verfügbar. Die Idee hinter dem Goldeimer ist es, eine umweltfreundliche, kreislauforientierte Alternative zu bieten, ohne dass die Festivalbesucher*innen auf Komfort verzichten müssen. Mit rund 200.000 Nutzungen pro Jahr entlasten wir sowohl die freistehenden Toiletten, als auch die Sanitärcontainer mit regulären Spülklos. So sparen wir jede Saison 1.600.000 Liter Spülwasser ein, ohne Einsatz von giftigen Chemikalien in den Klos. Gespült wird mit Sägespänen. Zum Säubern der Hände steht Desinfektionsmittel bereit. 40 Tonnen organisches Material führen wir im gleichen Atemzug der Kompostierung zu und damit zurück in den Nährstoffkreislauf.

KaraKLOke in vollem Gange. Photo Credit: 3Komma3
Klo, Spielecke und Infostand
Der Goldeimer ist nicht nur ein Ort um sich zu erleichtern. Hier tanzen Menschen zu trashiger Musik, spielen Schietbüddel-Werfen und singen heiser in Klobürsten-Mikrofone beim KaraKLOke. Manche Besucher*innen bleiben da auch gerne etwas länger und genießen die Stimmung an den bunt bemalten Kompostklos. Sogar einen Heiratsantrag gab es im letzten Jahr am Goldeimer.
In dieser lockeren Atmosphäre entwickeln die Menschen einen unverkrampften Zugang zum Thema Sanitärversorgung. Die Festivalumgebung macht es leicht – was die rund 200 ehrenamtlichen Goldeimer-Helfer*innen über Sanitärversorgung im globalen Süden erzählen, erleben die Festivalbesucher*innen hier hautnah in einer dreitägigen Simulation. Unbenutzbare Toiletten, die bei schlechtem Wetter und aufgeweichten Böden nicht abgepumpt werden können, fehlende Handwaschmöglichkeiten – eben das, was in anderen Ländern der Welt ein alltägliches Problem ist. 4,2 Mrd. Menschen haben keinen Zugang zu einer gesicherten Sanitärversorgung. Das ist das 52-fache der deutschen Bevölkerung. 673 Mio. Menschen haben gar keinen Zugang zu Klos. Ein Zustand, den die Vereinten Nationen bis 2030 auflösen wollen. In Ziel 6 der Sustainable Development Goals ist der Zugang zu Sanitären Anlagen, Wasser und Handwaschmöglichkeiten fest verankert.

Die bunt bemalten Kompostklos von Goldeimer sind leicht zu erkennen. Photo Credit: 3Komma3
Während und außerhalb der Festivalsaison leisten wir Aufklärungsarbeit und versuchen die Menschen zu ehrenamtlichem Engagement zu motivieren. Schließlich geht es in unserer Vision “Alle für Klos! Klos für alle!” nicht nur darum, Klos zu bauen. Erstmal müssen sich viele Leute für Sanitärversorgung einsetzen, damit sich nachhaltig etwas ändert.