Heute teilt unsere Londoner Kollegin Jessica Eindrücke von ihrer Reise nach Malawi Anfang des Monats.
Für eine Nacht machten wir Halt im Bezirk Neno im Süden des Landes, um am nächsten Morgen eine nahegelegene Schule zu besuchen. Dort lernten wir ein innovatives Radioprojekt kennen, das im ganzen Land Bildungsprogramme sendet und in dieser Schule über Solarradios empfangen wird. Zu den Themen der Sendungen gehören Englisch, Mathe, Chichewa (die lokale Sprache) und ein Fach mit dem Namen Life Skills, in welchem den Kindern der Umgang mit alltäglichen Dingen von Geld über Hygiene bis hin zur Ernährung nähergebracht werden soll. All diese Fächer gehören in Malawi auch zum normalen Stundenplan.
Die Radioprogramme helfen nicht nur beim Unterricht selbst, sie geben den Lehrern auch Anregungen für neue Unterrichtsmethoden. Wir hatten das Glück, in einer Klasse Fünf- bis Achtjähriger das Projekt in Aktion zu erleben. Es war herzerfrischend, die Kinder beim Singen und Tanzen zu beobachten (das Programm ist sehr interaktiv gestaltet). Aber wir sahen auch, wie wirksam das Programm ist. Und tatsächlich haben Forschungen bewiesen, dass sich durch Nutzung der Radioprogramme die Lernerfolge um 8 bis 16 % verbessert haben.
In Zomba besuchten wir danach ein ganzheitliches Programm für Nahrungssicherheit. Ich liebe dieses Projekt, weil es einmal mehr zeigt, wie wichtig ganzheitliche Entwicklung ist. Wellness and Agriculture for Life Advancement (WALA) nimmt sich vor allem der Themen Bewässerung und Nutzung der Niederschläge sowie Mutter- und Kindgesundheit und Ernährung an. Außerdem hat WALA in den Dörfern ein Spar- und Darlehenssystem organisiert. Das Projekt wurde 2009 gestartet und wird über fünf Jahre mit insgesamt $ 81 Mio. vom US-Entwicklungsministerium USAID finanziert. Die Hilfsorganisation Save the Children zeichnet für die Umsetzung in Kaunde, dem Ort, den wir besuchten, verantwortlich.
Ich wollte vor allem mehr über die Spar- und Darlehensgruppen im Dorf erfahren. Diese geben den Mitgliedern, die keinen Zugang zu anderen Finanzdienstleistungen haben, die Möglichkeit, innerhalb der Gruppe Geld zu sparen und zu leihen. Interessanterweise bestand die Gruppe, die wir trafen, fast ausschließlich aus Frauen. Ich unterhielt mich aber mit einem Mann. Der hatte mit einem Kredit über etwa $90 Stoff gekauft, den er dann in den umliegenden Dörfern verkaufen konnte. Nach Rückzahlung des Kredits samt Zinsen, betrug sein Gewinn noch immer $65 – für einen Einwohner von Kaunde ziemlich viel Geld.
Im Schatten eines großen Baumes stellte man uns eine Gruppe ehrenamtlicher Helfer des Dorfes vor, die mit etwa 160 Haushalten zusammenarbeitet. Die Freiwilligen werden hier als Gesundheitsexperten aktiv. Ihnen wurde beigebracht, wie sie wichtige Informationen und praktische Ratschläge über Hygiene, Entsorgung und die Ernährung von Kindern weitergeben können. Unter anderem arbeiten sie mit Rollenspielen, um ihre Botschaften zu vermitteln. Das ganze Dorf schüttelte sich vor Lachen bei dem Rollenspiel, dem wir beiwohnen durften. Offensichtlich haben die Menschen hier ein einflussreiches Werkzeug zur Hand, denn alle Zuhörerinnen und Zuhörer verfolgten die Handlung gespannt.
Kaunde ist eine echte Erfolgsgeschichte. Als wir wegfuhren, fühlte ich mich energiegeladen und inspiriert.
— Jessica Gomez-Duran —