1. Startseite
  2. Neuigkeiten
  3. Feministische Entwicklungspolitik: Warum die Pandemie die Teilhabe von Frauen und Kindern gefährdet und was kluge Investitionen dagegen tun können

Feministische Entwicklungspolitik: Warum die Pandemie die Teilhabe von Frauen und Kindern gefährdet und was kluge Investitionen dagegen tun können

Dieser Blogpost entstand in Zusammenarbeit mit der Global Financing Facility for Women, Children and Adolescents (GFF). Die GFF unterstützt 36 Partnerländer bei der Finanzierung einer besseren Gesundheitsversorgung für Frauen, Kinder und Jugendliche. Ihr Ansatzist dabei, dass die Partnerländer ihre Projekte eigenständig umsetzen. Die GFF unterstützt sie dabei finanziell und über den Transfer von  Expert*innenwissen. So arbeiten Partnerländer langfristig selbstständiger und können mithilfe der Finanzierung über den GFF Trust Fund mehr Mittel für die Gesundheitsversorgung von Frauen, Kindern und Jugendlichen einsetzen.

Dank einer breiten Versorgung mit Impfstoffen kehren Deutschland und Europa langsam in die Normalität nach der COVID-19-Pandemie zurück. Viele afrikanische und asiatische Länder sind davon jedoch noch weit entfernt. Das liegt einerseits an mangelnden COVID-19-Impfstoffen, darüber hinaus aber auch daran, dass die grundlegende Gesundheitsversorgung nicht mehr richtig funktioniert. Darunter leiden besonders Frauen und Kinder. In diesem Text erfahrt ihr, wie die Auswirkungen der Pandemie zu einer zweiten Gesundheitskrise geführt haben warum besonders Frauen und Kinder davon betroffen sind und was dagegen unternommen werden kann.

Photo Credit: Weltbank

Für globale Gesundheitssysteme bedeutet die Pandemie eine größere Krise als nur COVID-19.

Genauso wie Deutschland haben viele Länder des Globalen Südens auf COVID-19 mit Lockdowns und Schutzmaßnahmen reagiert. Diese müssen zum Teil bis heute aufrechterhalten werden, da die Bevölkerungen immer noch nicht ausreichend gegen das Virus geschützt sind. Über die vergangenen zwei Jahre hat das zu massiven Problemen in der Gesundheitsversorgung geführt und allein 2020 rund 100 Millionen Menschen zusätzlich in die extreme Armut getrieben. So ist in zwei Dritteln der GFF-Partnerländer nach wie vor kein Normalbetrieb der grundlegenden Gesundheitsversorgung möglich: Krankenstationen bleiben geschlossen, Transporte sind stark eingeschränkt und Patient*innen suchen ihren Arzt oder ihre Ärztin nicht auf – aus Sorge, sich mit COVID-19 zu infizieren oder sich die Behandlung nicht leisten zu können.

Photo Credit: Weltbank

Besonders Frauen und Kinder leiden unter den Folgen der Pandemie.

Für Frauen und Kinder bedeutet eine gute Gesundheitsversorgung, dass sie vollständig  am gesellschaftlichen Alltag teilhaben und langfristig ein selbstbestimmtes Leben führen können. In den Partnerländern der GFF hat es in den vergangenen zwei Jahren einen Rückgang von 25% bei lebenswichtigen Angeboten für Frauen und Kinder gegeben. So konnten viele Mütter nicht bei der Geburt ihrer Kinder unterstützt werden, zahllose Kinder erhielten keine Vorsorgeimpfungen und die Mehrheit der Mädchen wurden weder zu sexueller und reproduktiver Gesundheit aufgeklärt noch hatten sie Zugang zu Verhütungsmitteln. Die traurige Bilanz der Pandemie ist auch, dass auf jeden offiziell gemeldeten COVID-19-Todesfall zwei Frauen und Kinder kommen, die ihr Leben aufgrund von mangelnder medizinischer Versorgung verloren haben.

COVID-19 führt zu einem Anstieg von geschlechtsspezifischer Gewalt und Kinderheirat.

Eine indirekte Auswirkung der Pandemie ist die Zunahme geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Durch Schulschließungen in vielen Ländern fielen für  jugendliche Mädchen sichere Räume und Schutzsysteme weg. In mehreren Ländern (Niger, Côte d’Ivoire, Senegal, Ruanda, Uganda) wurden Jugend- und Jugendgesundheitszentren während der Pandemie geschlossen. Diese bieten normalerweise Beratung, Unterstützung und Zugang zu Verhütungsmitteln an. So wurden viele jugendliche Mädchen in der Krise allein gelassen. Viele von ihnen wurden infolge der Pandemie frühzeitig verheiratet, weil sich ihre Familien den Lebensunterhalt für sie nicht mehr leisten konnten.

Wir können weitere Rückschritte verhindern und die Pandemie beenden.

Die GFF hat Regierungen weltweit dazu aufgerufen, verstärkt in die Gesundheit von Frauen, Kindern und Jugendlichen zu investieren, um weitere Rückschritte zu verhindern und an die Erfolge der letzten Jahrzehnte anzuknüpfen. Sie benötigt 1,2 Mrd. US-Dollar für ihren Einsatz über die kommenden zwei Jahre. Dieses Geld fließt direkt in die Partnerländer und kommt dort zum Wirken, um sichere Geburten, Kinderimpfungen, Ernährungsprogramme, sexuelle Aufklärung, Reformen sexueller und reproduktiver Rechte und eine Stärkung der Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Gleichzeitig unterstützt dieses Geld die Akteur*innen im Gesundheitswesen vor Ort bei der COVID-19-Impfkampagne oder der Bereitstellung von Sauerstoff und Medikamenten für COVID-19-Erkrankte. Dadurch können beispielsweise häufig in derselben Klinik und von der gleichen Pflegekraft sowohl Basisimpfungen für Kinder und COVID-19-Impfungen für Mütter angeboten werden. Krankenpfleger*innen, die bei der Familienplanung unterstützen, können auch grundlegende Gesundheitsdienste für Kinder anbieten. Investitionen in die Gesundheitsversorgung von Frauen und Kindern ermöglichen ihnen ein besseres und gesünderes Leben und können gleichzeitig einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Pandemie dieses Jahr weltweit zu beenden.

Members of Balol Elimane village, Senegal. July 12, 2016. Photo Credit: Dominic Chavez/World Bank

Deutschlands Beitrag zur GFF ist eine direkte Investition in feministische Entwicklungszusammenarbeit.

Die neue Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, die Rechte von Frauen und Mädchen sowie deren Zugang zu Gesundheitsversorgung zu stärken. Auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze hat seit Amtsantritt mehrfacht betont, dass sie es mit einer feministischen Entwicklungspolitik ernst meint.  Zur Unterstützung der Ziele in ihren Partnerländern hat die GFF Deutschland um 100 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre gebeten. Mit diesem Geld können die Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe von Frauen und Kindern nachhaltig gestärkt und somit effizient auf die Agenda 2030 hingearbeitet werden. Obwohl Deutschland bisher eines der wichtigsten Unterstützerländer der GFF ist, plant die Bundesregierung in ihrem aktuellen Haushaltsentwurf, die Unterstützung für die GFF nicht fortzuführen. Ein Beitrag zur GFF wäre eine Investition in feministische Entwicklungszusammenarbeit. Wenn es die Ampelkoalition damit ernst meint, sollte sie die Unterstützung der GFF nicht einstellen, sondern erhöhen.

Mehr über die Arbeit der GFF erfährst du hier.