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Globale Verantwortung einer feministischen Politik entlang der Lieferketten 

Die Lieferkette, also der Weg von den Rohstoffen zum finalen Produkt, ist lang und komplex. So kann die Strecke, die beispielsweise ein Fast-Fashion T-Shirt zurücklegt, etwa 20.000 Kilometer betragen. An einem schlichten weißen Baumwollhemd sind bis zu 140 Unternehmen beteiligt. Dabei durchlaufen unsere Konsumgüter Produktionsstätten überall auf der Welt bis sie schließlich im Zielland ankommen. 187 Staaten haben sich auf Kernarbeitsnormen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) geeinigt. Dazu gehöre unter anderem die Beseitigung von Zwangs- und Kinderarbeit oder das Verbot von Diskriminierung im Beruf. Trotz der ILO-Kernarbeitsnormen herrschen entlang der Lieferketten (auch: Wertschöpfungsketten) häufig Arbeitsbedingungen, die gegen diese Grundsätze verstoßen. Das zeigt nicht zuletzt, dass sich weltweit etwa 50 Millionen Menschen in moderner Sklaverei befinden also einer Form von Zwangsarbeit oder Zwangsehe. Ein weiteres Zeugnis ist, dass 2021 die Zahl an Kinderarbeiter*innen das erste Mal seit zwei Jahrzehnten wieder gestiegen ist – auf 160 Millionen arbeitende Kinder weltweit.

Der Preis des Konsums

Überall auf der Welt tragen Arbeitnehmer*innen und Umwelt die Kosten für unseren Konsum. Entlang der Lieferketten internationaler Unternehmen kommt es ohne Unterlass zu Menschenrechtsverletzungen. Sie äußern sich in Ausbeutung, Misshandlung oder der Verletzung gesundheitlicher Rechte. Während Kinder in Indien nach dem Mineral Mica graben, das unter anderem zur Herstellung von Handys und Kosmetik verwendet wird, nähen Arbeiter*innen unsere Kleidung oft zu verheerenden Bedingungen (Rana Plaza ist nur eines von vielen Beispielen) für Löhne, die zum Leben nicht reichen. Jährlich werden tausende Tonnen Second-Hand-Kleidung in der Atacama-Wüste in Chile entsorgt und bleiben als Überreste in der Umwelt zurück. 80% des Welthandels basieren auf globalen Wertschöpfungsketten und 450 Millionen Menschen sind in diesen Produktionslinien beschäftigt.  Verstöße entlang der Lieferketten treffen marginalisierte Gruppen besonders stark. Frauen stellen beispielsweise rund 190 Millionen der Beschäftigten in Wertschöpfungsketten und sind von den besonders schlechten Arbeitsbedingungen besonders häufig betroffen. Das liegt zum einen daran, dass Frauen oft in stark gesundheitsgefährdenden Sektoren wie der Textilindustrie arbeiten – etwa 80 % der dortigen Arbeitnehmer*innen sind Frauen – und zum anderen an Gesetzen, die die wirtschaftliche Selbstbestimmung von Frauen in vielen Ländern einschränken. Dazu zählen eine schlechtere Bezahlung, sexuelle Belästigungen und Übergriffe am Arbeitsplatz wie auch eine männliche Überrepräsentation in leitenden Positionen. Eine feministische Politik verfolgt das Ziel, für Menschen weltweit einen gleichberechtigten Zugang zu Rechten und Ressourcen zu schaffen. Momentan aber externalisieren westliche Gesellschaften die Kosten für ihren Konsum und diejenigen Menschen, die diese Kosten tragen werden vom Profit, dem Wohlstand, ausgegrenzt.

Die Pflicht der Politik entlang der Lieferketten

Politik sollte Gerechtigkeit fördern und Verantwortung für die Auswirkungen der Lebensweise der eigenen Bevölkerung übernehmen. Die deutsche Bundesregierung hat einen Schritt in diese Richtung unternommen: Am 01. Januar 2023 ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft getreten, das deutsche Unternehmen verpflichtet, Arbeitsbedingungen und Menschenrechte entlang der Lieferkette zu überprüfen und bei Verdacht auf Verletzungen Konsequenzen einzuleiten. Organisationen wie die Initiative Lieferkettengesetz fordern eine schnelle und effektive Durchsetzung der entstehenden EU-Richtlinie zur Achtung von Menschenrechten und dem Gewahren von Umwelt- und Klimaschutz bei der Produktion unserer Konsumgüter.   Die EU ist nach den Vereinigten Staaten der größte Importeur von Waren weltweit. Wenn die EU ein einheitlich nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Handeln von Unternehmen in der EU und ihren Zulieferunternehmen sicherstellt, wird das einen enormen Einfluss auf Arbeitnehmer*innen entlang der Lieferketten haben – also auf hunderte Millionen Menschen. Eine Politik, die sich als feministisch beschreibt, darf eine solche Chance auf die Verbesserung von Lebensrealitäten weltweit nicht ungenutzt lassen und muss ambitionierte Schritte wagen.

Was ist zu tun?

  1. Die deutsche Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass der Richtlinienentwurf für ein EU-weites Lieferkettengesetz umgesetzt und für alle Mitgliedstaaten gültig wird. Der Entwurf der EU geht deutlich weiter als das LkSG der Bundesregierung. Anstelle von Unternehmen ab 3.000 Mitarbeiter*innen (LkSG) nimmt dier Vorschlag des Europäischen Parlaments Unternehmen schon ab 250 Mitarbeiter*innen in die Verantwortung – und dadurch wesentlich mehr Arbeitnehmer*innen entlang der Lieferkette in Schutz. Dem sollte sich die Bundesregierung anschließen.
  2. Die deutsche Bundesregierung muss Unternehmen dabei unterstützen, ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen zu können. Die Komplexität der Lieferketten ist für einzelne oft schwer zu durchblicken. Eine ordentliche Durchführung muss daher fachgerecht in Form von unternehmerischer Beratung begleitet werden.
  3. Wir als Bürger*innen eines demokratischen Staates müssen die eigene Sorgfaltspflicht wahrnehmen: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bietet die Möglichkeit an, über diese Webseite Beschwerde gegen Unternehmen einzureichen, die gegen das LkSG verstoßen. Hier können deutsche Unternehmen oder ihre Zulieferer gemeldet werden. Das BAFA geht jeder Einreichung nach und kann – wenn nötig – Maßnahmen einleiten.
  4. Wir als Konsument*innen müssen bewusst einkaufen. Es gibt Möglichkeiten, Produkte auf ihre Art der Herstellung zu überprüfen. Einige hilfreiche Seiten findet ihr hier:
    • Good on You ist ein Fashion Guide für nachhaltige und faire Mode.
    • Das IVN Best Siegel garantiert ebenso wie das GOTS die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen. Eine weitere Übersicht über wichtige Siegel und Zertifikationen hier.
    • Bei CodeCheck erhalten Konsument*innen per Scan einen Überblick über eventuelle Menschenrechtsverletzungen und schädliche Inhaltsstoffe.
    • Kennst du noch weitere hilfreiche Seiten für nachhaltigen Konsum? Lass es uns wissen! Schreib uns einfach eine Nachricht auf Twitter oder Instagram – wir freuen uns!

Wir fordern globale Gerechtigkeit, damit jeder Mensch ein Leben in Würde und voller Chancen führen kann. Du auch? Dann unterschreibe jetzt unsere Petition!

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