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Warum Ernährungssicherheit und Feminismus untrennbar sind

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Feminismus bedeutet, allen Menschen dieselben Chancen zu ermöglichen. Diese Chancengleichheit ist durch viele Faktoren weltweit eingeschränkt – einer davon ist Hunger. Durch globale Krisen wie die COVID-19-Pandemie, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine oder den Auswirkungen der Klimakrise verschärft sich die schon lange bestehende humanitäre Notlage immer weiter. Während 2017 jeder vierte Mensch von einer Form von Ernährungsunsicherheit betroffen ist, ist es im Jahr 2021 schon beinahe jeder dritte – fast ein Drittel der Weltbevölkerung. 660 Millionen Menschen (Stand März 2023) weltweit essen nicht ausreichend. 389 Millionen Menschen sind inzwischen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen – verglichen mit 193 Millionen im Jahr 2021. In der schlimmsten Phase der Ernährungssicherheit (mehr über die Phasen hier), der akuten Bedrohung durch den Hungertod befinden sich weltweit 28 Millionen Menschen. 9 Millionen von ihnen laut World Food Programme allein im Horn von Afrika (Äthiopien, Somalia, Kenia). Die Bevölkerung afrikanischer Länder ist häufig am stärksten von Hunger und auch der aktuellen Ernährungskrise betroffen. Es fehlt den betroffenen Ländern an Mitteln und Ressourcen. Sie können ihre Bürger*innen inmitten der aktuellen multiplen Weltkrisen und der fortschreitenden Inflation oftmals nicht unterstützen. Das Ziel der Vereinten Nationen, weltweiten Hunger bis 2030 beenden und das der Afrikanischen Union, dass in Afrika bis 2063 kein Mensch mehr hungert, ist nur mit einer feministischen Ausrichtung der Politik möglich. Warum?

Wie feministische Entwicklungspolitik Hunger begegnet 

Weltweit sind etwa 150 Millionen mehr Frauen von Hunger betroffen als Männer. Das begründet sich in einer strukturell bedingten Ungleichheit. In vielen Ländern ist es üblich, dass Frauen zuletzt und am wenigsten essen. Also erst dann, wenn alle anderen Mitgleider des Haushalts gegessen haben. In Zeiten von Krisen bleibt daher besonders wenig für sie übrig. Zusätzlich haben Frauen oftmals nicht ausreichend Rechte oder Ressourcen inne, um ihre Ernährungssituation autonom zu gestalten:

  • In etwa 104 Ländern ist das Recht auf freie Berufswahl für Frauen eingeschränkt.
  • Frauen verfügen häufiger über kein eigenes Bankkonto.
  • Frauen werden bei der Arbeit in der Regel schlechter entlohnt.
  • Oftmals gibt es keine Möglichkeit der Kinderbetreuung, Frauen bleiben mit den Kindern daheim.
  • Der Landbesitz ist für Frauen rechtlich erschwert: Obwohl sie etwa die Hälfte aller landwirtschaftlichen Arbeiter*innen ausmachen, besitzen sie weltweit nicht einmal ein Fünftel des bewirtschafteten Landes.

All diese Umstände führen dazu, dass Frauen häufiger ohne Einkommen auskommen müssen. Damit sind sie einerseits mit einer größeren sozialen Unsicherheit konfrontiert und andererseits abhängig von anderen Personen – meistens ihren Ehemännern. Eine feministische Politik strebt an, dass jeder Mensch über die gleichen Rechte und Ressourcen verfügt. Sie setzt sich dafür ein, diskriminierende Geschlechterzuschreibungen abzubauen und einen gleichberechtigten Zugang aller Menschen zu Vermögen, Nahrungsmitteln und landwirtschaftlichen Ressourcen zu ermöglichen. Wäre das schon heute der Fall, könnten mindestens 150 Millionen Menschen weniger hungern.

Konflikte führen zu Hunger, Hunger führt zu Konflikten

Feministische Entwicklungszusammenarbeit arbeitet gezielt an Konfliktprävention – sie stellt menschliche Sicherheit in den Fokus von internationalen Beziehungen. Dies ist nicht zuletzt beim Thema Hunger und Ernährungssicherheit relevant: Erstens sind die Hauptauslöser für Hunger weltweit  kriegerische Auseinandersetzungen (2019 bedingten sie 6 der 10 schlimmsten Hungerkrisen weltweit). Zweitens bedingt Hunger Konflikt: Er kann Menschen dazu bringen, über Land und Wasser zu streiten oder sich gegen den Staat aufzulehnen, wenn die Nahrungsmittelpreise zu hoch sind. Unsere Priorität muss es daher sein, kriegerischen Auseinandersetzungen präventiv zu begegnen, um dadurch ausgelösten Nahrungsmittelkrisen zuvorzukommen. Zusätzlich beeinträchtigen interne bzw. Bürgerkriege alle Ebenen der Landwirtschaft – die Produktion ebenso wie den Verkauf. Ernährungssicherheit weltweit sicherzustellen, ist eine der Maßnahmen, die zur Prävention von Konflikten ergriffen werden müssen. Eine andere ist es, die Repräsentation von Frauen* bei politischen Entscheidungen, wie auch Friedensverhandlungen signifikant zu erhöhen, da diese die Chance auf friedliche Lösung maßgeblich erhöht.

Feministische Entwicklungspolitik beendet Abhängigkeitsverhältnisse

Viele afrikanische Staaten sind aktuell auf den Import von Nahrungsmitteln und Agrarprodukten wie Düngemittel angewiesen. Denn die landwirtschaftliche Produktion reicht nicht für die Versorgung der eigenen Bevölkerung aus. Diese Abhängigkeit macht sie anfälliger für globale Krisen: Neben dem Risiko, dass Importe ausfallen und einen Mangel an Nahrung generieren besteht das der Inflation, das wir momentan beobachten. Die Preise für Nahrung und Agrarprodukte – die für die eigene Landwirtschaft benötigt werden – haben sich im Zuge der wirtschaftlichen Krise eklatant erhöht. Für die lokale Bevölkerung ist das fatal und bedeutet eine massive Einschränkung der Ernährungssicherheit. In einigen Ländern des Globalen Südens ist die Lage besonders extrem: Allein am Horn von Afrika (Äthiopien, Somalia, Kenia) sind 2022 etwa neun Millionen Menschen akut vom Hungerstod bedroht, im Jemen  mehr als 13 Millionen. Feministische Entwicklungspolitik macht sich dafür stark, dass Abhängigkeitsverhältnisse abgebaut werden und Menschenrechte wie der Zugang zu Nahrung nicht als Druckmittel verwendet werden können.

Die deutsche Bundesregierung muss Hunger feministisch begegnen

Feministische Entwicklungszusammenarbeit basiert auf dem folgenden Grundsatz: Ein gerechter Zugang zu Macht und Ressourcen kann globale Ungleichheit lösen und zu einer gerechteren Welt für alle beitragen. Auch und besonders in der Nahrungsmittelproduktion und -verteilung muss dieser Grundsatz richtungsweisend sein. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung muss explizit Projekte fördern, die den Fokus auf Geschlechtergerechtigkeit setzen. Damit wird der gleichberechtigte Zugang zu Landbesitz, Finanzdienstleistungen und Ressourcen für Frauen gestärkt. Die deutsche Bundesregierung muss im Angesicht der schwersten Nahrungskrise seit 40 Jahren akut handeln: Die Mittel für Programme, die auf Ernährungssicherheit abzielen – wie das Welternährungsprogramm – müssen erhöht werden, um Soforthilfe für betroffene Menschen zu gewährleisten. Langfristig müssen Ernährungssysteme widerstandsfähiger gestaltet werden und besonders den Zugang afrikanischer Staaten zu Nahrungsmitteln unabhängiger vom Import und etwaigen Krisen werden. Die G7-Staaten haben sich zur Erreichung dieses Ziels zu einer gemeinsamen Strategie bekannt: Die Global Alliance for Food Security (GAFS) plant eine zusätzliche Finanzierung von Maßnahmen gegen Hunger. Außerdem will sie landwirtschaftliche Produkte nachhaltig verfügbar machen und Nahrungssysteme mit Hilfe der betroffenen Staaten widerstandsfähig gestalten. Diese Ziele müssen langfristig und konsequent verfolgt werden – auch um dem Anspruch einer feministischen Entwicklungspolitik gerecht zu werden.  Feministische Entwicklungszusammenarbeit kann erreichen, dass 150 Millionen Menschen weniger hungern. Denn Feminismus ist für alle gut. Unterschreibe jetzt unsere Petition und setze dich für globale Gerechtigkeit ein! In den restlichen Blogs dieser Reihe kannst du nachlesen, wie Feminismus mit Entwicklungspolitik im Allgemeinen zusammenhängt ebenso wie mit globaler Gesundheit und der Anpassung an die Klimakrise. Du kannst hier mehr über unsere Forderungen an die Bundesregierung lesen.

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