Ebola – Wir beobachten, wie aus einer Krise eine Katastrophe wird

Ebola – Wir beobachten, wie aus einer Krise eine Katastrophe wird

Eine Version dieses Gastkommentars wurde ursprünglich auf TIME.com veröffentlicht und kann hier gelesen werden.

Stell dir einen Feuerwehrmann vor, der einen Brand bekämpft, während die Sprinkleranlage Benzin verteilt. So kannst du dir den aktuellen Ebola-Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) vorstellen.

Bisher sind über 1.600 Menschen an dem Virus gestorben, Tausende weitere haben sich infiziert. Dieser Ausbruch hat noch nicht das Ausmaß der letzten Ebola-Krise von 2014 erreicht, bei der mehr als 11.000 Menschen starben. Aber er hat das Potenzial, noch tödlicher zu werden.

Mit jedem Tag, der vergeht, verbreitet sich das Virus weiter. Mitte Juli wurde in Goma, einem Verkehrsknoten an der Grenze zu Ruanda, der erste Fall von Ebola entdeckt. Um dem Virus die Stirn zu bieten, muss die internationale Gemeinschaft den Ausbruch als das behandeln, was er ist – eine Krise.

Aufgrund der Ansteckungsgefahr müssen sich Ärzte in der Behandlung von Ebola durch besondere Anzüge schützen Foto: AFP/Seyllou

Strukturelle Probleme in der Gesundheitsversorgung der Demokratischen Republik Kongo

2014 saß ich im Nationalen Sicherheitsrat und habe den US-amerikanischen Einsatz gegen Ebola mit geleitet. Damals dachte ich, der Ausbruch sei der schrecklichste Notfall der öffentlichen Gesundheit, den ich je in meinem Leben erleben würde. Es stellte sich heraus, dass ich mich geirrt habe.

Denn die Herausforderungen in der aktuellen Krise sind beispiellos: schlechte Infrastruktur, Misstrauen gegenüber dem Gesundheitspersonal und schlechter Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Das für sich wäre schon genug zu tun. Aber in der Kombination mit Ebola wird die Aufgabe in der Demokratischen Republik Kongo schwieriger und komplexer als der letzte Notstand in Liberia, Sierra Leone und Guinea.

Diese Instabilität kam nicht über Nacht. Die Demokratische Republik Kongo ist reich an Ressourcen, wurde aber in der Vergangenheit von schlechter Regierungsführung und gewaltsamen Konflikten heimgesucht. Seit Jahrzehnten investiert die DRK nicht ausreichend in die Grundversorgung und die Gesundheitsinfrastruktur. Dabei wäre das die erste Verteidigungslinie gegen Epidemien wie Ebola. Im Jahr 2016 beliefen sich die jährlichen Gesamtausgaben der Regierung für die Gesundheitsversorgung in der DRK auf nur 3 US-Dollar pro Person.

Ebola Patient

Ärzte versorgen einen Patienten, der sich mit Ebola infiziert hat.

Herausforderungen im Kampf gegen Ebola

Jahrelange Gewalt entlang ethnischer Konfliktlinien hat in der Demokratischen Republik Kongo eine Atmosphäre des Misstrauens gegenüber politisch Verantwortlichen geschaffen. In einer aktuellen Umfrage gaben 25 Prozent der kongolesischen Befragten an, Ebola existiere nicht. Dieser Mangel an Vertrauen und die anhaltenden Spannungen haben zu Angriffen auf Gesundheitspersonal und Kliniken geführt, die den gesamten Einsatz gefährden.

Um eines klarzustellen: Nichts im Kampf gegen Ebola oder andere globale Epidemien ist einfach. Genau deshalb ist es ratsam, dass die internationale Gemeinschaft aus den Fehlern und Erfolgen des letzten Ausbruchs lernt.

Haben wir aus unseren Fehlern gelernt?

Mein größtes Bedauern über die Reaktion auf die letzte Ebola-Epidemie ist, dass die Welt nicht früher und umfassender gehandelt hat. Denn die Krise 2014 hatte uns überraschend getroffen und zeigte, wie schlecht Amerika und die Welt auf Infektionskrankheiten vorbereitet waren.

Die Weltgesundheitsorganisation hat nur die Hälfte der beantragten Mittel erhalten, die zur Bekämpfung des Ausbruchs benötigt wurden. Die Vereinigten Staaten können dieses Problem nicht allein lösen, die internationale Gemeinschaft muss im Kampf gegen diese Krankheit mobilisiert werden.

Der Kampf gegen Ebola braucht eine starke Partnerschaft und mehr Engagement von Europa und den USA

Als eine Person, die schon einmal gegen diese hässliche Krankheit gekämpft hat, kann ich nicht anders, als mich an alle zu wenden, die Einfluss auf die nächsten Schritte im Kampf gegen die Epidemie haben. Momentan beobachten wir, wie die Krise zur Katastrophe wird. Wir haben die Mittel, um Ebola zu besiegen. Was uns fehlt, ist der politische Wille. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich über Ebola Gedanken zu machen – nicht erst, wenn die Krankheit die USA oder Europa erreicht.

Wenn wir zulassen, dass die Epidemie auf noch mehr Gemeinschaften und Länder übergreift, werden wir weder die Staaten Afrikas, noch die Weltgesundheitsorganisation oder andere zum Sündenbock machen. Wenn die Frage der Schuld aufkommt, brauchen wir nur eines: einen Spiegel.

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