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Eine Zusammenfassung der neusten Nachrichten, Analysen und Zahlen über die Auswirkungen von COVID in Afrika. Diese Woche liegt der Fokus auf das Zusammenspiel von Klima, COVID, und Konflikte – von der COP26 bis zum Ausnahmezustand in Äthiopien.
DAS WICHTIGSTE IM ÜBERBLICK
12 Jahre gewartet: Die reichen Länder haben es nicht geschafft, die vor 12 Jahren versprochenen 100 Milliarden US-Dollar an Entwicklungsländer für den Klimaschutz aufzutreiben. „Es ist zu wenig und zu spät“, so kommentierte Sonam Phuntsho Wangdi, Sprecher einer Gruppe Entwicklungsländer, die verspäteten Zahlungen. In diesen 12 Jahren gaben 34 der weltweit ärmsten Länder fünfmal mehr für Schuldenzahlungen als für Klimaschutz aus (29,4 Milliarden im Vergleich zu 5,4 Milliarden US-Dollar). Die Autor*innen der Studie – die Kampagne Erlassjahr – haben auf der Klimakonferenz COP26 zu diesem Thema Alarm geschlagen. Doch die Glasgower Polizei sah in ihrem aufblasbaren Loch Ness Schuldenmonster eine größere Bedrohung als in der Schuldenkrise.
Die COP läuft: Während die Staats- und Regierungschefs auf der COP26-Klimakonferenz in Glasgow die Einhaltung des 1,5°-Ziels diskutierten, prangerten afrikanische Aktivist*innen die Ungerechtigkeiten in der Beschränkung fossiler Brennstoffe in Afrika an. Der von Energiearmut geprägte Kontinent ist für 2-3% der weltweiten Emissionen verantwortlich, während die reichen Länder weiterhin in Gas und Kohle investieren. Der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Felix Tshisekedi, sagte dass der Kontinent einen Plan gegen die Klimakrise hat, es aber müde ist, auf die zur Umsetzung nötige Unterstützung zu warten. Der Klimawandel könnte bis 2030 15% des afrikanischen Bruttoinlandprodukts zunichtemachen und bis zum Ende des Jahrhunderts weitere 100 Millionen Menschen in extreme Armut stürzen. Darüber hinaus sind 2 Millionen Todesfälle pro Jahr, überwiegend in den ärmeren Ländern, auf die Umweltverschmutzung der reichen Länder zurückzuführen. Lesen Sie mehr über die Auswirkungen, verfasst von Rasna Warah von ONE.
Drangeblieben: Positive Neuigkeiten sind die von den USA, dem Vereinigten Königreich und der EU angekündigten 8,5 Millionen Dollar Investitionen in Südafrikas Kohleausstieg. Deutschland kündigte Gelder, überwiegend Kredite, in Höhe von 700 Millionen Euro an. Laut der UN-Wirtschaftskommission für Afrika könnten Investitionen in die Energiewende zur Lösung der Beschäftigungskrise in Afrika beitragen. Der ehemalige Gouverneur der Bank von England, Mark Carney, sprach von einem „Wendepunkt“, da private Investor*innen 130 Billionen Dollar (ja, Billionen!) zum Erreichen der Netto-Null-Emissionen zur Verfügung stellten.
Ein afrikanischer Plan: Führende afrikanische Stimmen haben zu kollektivem Handeln aufgerufen, sodass durch die Unterstützung eines Finanz- und Handelspakets die Ungleichheit in Bezug auf das Klima in Inklusion umgewandelt wird. Die Aufstockung öffentlicher und privater Finanzmittel, die Senkung der Kosten für kommerzielle Kredite in Afrika, die verstärkte Unterstützung von Anpassungsmaßnahmen und die Abstimmung der Handelspolitik auf Klimaziele können Afrika in die Lage versetzen, sowohl auf die Krise zu reagieren als auch eine künftige Führungsrolle beim Klimaschutz zu übernehmen.
Gescheiterter Testlauf: Die COVID-19 Krise war ein Probelauf, der uns eine Menge über die Zukunftsaussichten der Klimadiplomatie gelehrt hat – so Stefan Lehne von Carnegie Europe. Anstatt sich den Herausforderungen der Pandemie zu stellen, sank die Bedeutung der Außenpolitik. David McNair von ONE stellte bereits im Juli einen ähnlichen Zusammenhang her: Das während der Pandemie erschütterte Vertrauen erschwert die Zusammenarbeit gegen den Klimawandel zusätzlich. Darüber hinaus erhöht der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Pandemien. Der preisgekrönte australische Virologe Eddie Holmes wies darauf hin, dass die sich ändernden Wanderrouten von Tieren die Verbreitung von Viren erleichtern. Die medizinische Fachzeitschrift Lancet ordnet die Gefahr für die globale Gesundheit durch den Klimawandel als eine „Alarmstufe Rot“ ein.
Klimakrise, Ernährung und Konflikte: Die Klimakrise hat in Madagaskar eine Million Menschen an den Rand einer Hungersnot getrieben. Einige bezeichnen das als die erste Klimahungersnot. Aber Klima, COVID und Konflikte haben bereits an anderen Orten, insbesondere am Horn von Afrika, Ernährungsunsicherheit, Armut und Vertreibung ausgelöst.
Keine Zeit für Draghi: Am vergangenen Wochenende empfing Mario Draghi in Rom die Staats- und Regierungschefs der G20 zu ihrem ersten persönlichen Treffen seit dem Ausbruch der Pandemie. Sie einigten sich auf ein globales Steuerabkommen, das ONE-Vorstandsmitglied Larry Summers als Sieg „Detroits über Davos” bezeichnete. Sie kamen auch bei der Weitergabe der 650 Milliarden US-Dollar Sonderziehungsrechte des IWF voran, die im August von reicheren zu ärmeren Ländern abgetreten wurden. Die Chefs der G20-Länder verpflichteten sich, 100 Milliarden US-Dollar zu teilen, und Kanada, Italien und Spanien schlossen sich Frankreich und dem Vereinigten Königreich bei der Weitergabe von 20% ihres Anteils an. Während einige das Treffen als Rückkehr des Multilateralismus interpretierten, waren wir von ONE weniger beeindruckt: Das Ziel bis September 2022 70% der Weltbevölkerung zu impfen bleibt mangels konkreter Maßnahmen auf der Strecke liegen.
Warnung vor Überschwemmungen: Die Kosten für eine COVID-19-Impfung sind im Südsudan mehr als zehnmal so teuer wie in den umliegenden Ländern. Die mangelhafte Infrastruktur und zunehmend unregelmäßige Regenzeiten erschweren den Transport. Ein großer Teil des Landes ist per Straße nicht erreichbar und der Luftverkehr wird durch schlechtes Wetter und überflutete Landebahnen behindert. Nur 0,4% der Bevölkerung sind vollständig geimpft.
Ausnahmezustand: Nachdem die Volksbefreiungsfront von Tigray die Städte Dessie und Kombolcha – fast 400 km von der Hauptstadt Addis Abeda entfernt eingenommen hat, verhängte die äthiopische Regierung einen Ausnahmezustand. Premierminister Abiy Ahmed forderte die Bürger*innen auf, zu den Waffen zu greifen und sich zu verteidigen. Das ist nur das jüngste Kapitel einer gefährlichen Destabilisierung in Afrikas zweitbevölkerungsreichstem Land. Von den insgesamt 224 Gesundheitszentren in der Region Tigray in Äthiopien sind nur 40 funktionsfähig. Unterdessen gehen eine Woche nach dem Militärputsch im Sudan die Proteste weiter. Der Klimawandel ist ein „Gefahrenmultiplikator“ für bewaffnete Konflikte, insbesondere in Afrika.
Fehlende Spritzen: UNICEF prognostiziert bis zum nächsten Jahr einen Mangel an 2,2 Milliarden Sicherheitskanülen, also Nadeln die sich nach der Verwendung automatisch einklappen. Diese werden vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen verwendet. Zwar liegen in Afrika die Impfstoffspenden weit unter dem erforderlichen Schwellenwert für die 70%-Impfquote, die Impfstoffe beginnen dennoch die Verfügbarkeit von Spritzen zu überschreiten. Das hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Impfkampagne gegen COVD-19, sondern bedroht auch die Kapazität für Kinderimpfungen. Inzwischen wird in Südafrika die erste orale COVID-19-Impftablette, also ohne Spritze, getestet. Wenn sie sich bewährt, fallen viele Hürden, wie beispielsweise Anforderungen an die Kühlkette. Wichtig ist das auch angesichts eines chronischen Mangels an Nadeln in Afrika.
Verheerender Meilenstein: In dieser Woche überschritt die offizielle Zahl der Todesopfer von COVID-19 die 5-Millionen-Grenze. Die tatsächliche Zahl der Todesopfer könnte sich auf bis zu 19,6 Millionen belaufen. In den vergangenen drei Monaten haben sich die reichen Länder mehr Auffrischungsimpfungen verabreicht als die armen Länder im ganzen Jahr. Diese „globale Schande“ hat verheerende Folgen: In Teilen Afrikas, in denen nur 6% der Bevölkerung vollständig geimpft sind, endet einer von 15 COVID-19-Fällen mit dem Tod. In Ländern, in denen 70% der Bevölkerung vollständig geimpft sind, sinkt diese Zahl auf etwas 1 von 250. UN-Generalsekretär Guterres plädierte: „Der beste Weg, die fünf Millionen Todesopfer zu ehren, ist Impfgerechtigkeit zu verwirklichen.“
DIE ZAHLEN
- 63 % der Klimafinanzierung der Afrikanischen Entwicklungsbank sind für Anpassungen an den Klimawandel bestimmt – der höchste Anteil aller multilateralen Finanzinstitutionen.
- 50 von aktuell 115 Inseln auf den Seychellen – so wenige könnten in den kommenden Jahrzehnten aufgrund des steigenden Meeresspiegels übrigbleiben.
- 86 Millionen Afrikaner*innen werden aufgrund der sich ändernden Wetterverhältnisse bis 2050 gezwungen sein, innerhalb ihres Landes zu migrieren.
ZITAT DER WOCHE
„Ob Klima oder Impfstoffe – wann gehen die Entscheidungsträger*innen voran?“
– Mia Mottley, Premierministerin von Barbados, auf der COP26
LESEEMPFEHLUNGEN
- HIV-Aktivist*innen sind für ihre unbändige Energie bekannt. Demonstrant*innen für einen gerecht verteilten Zugang zu Impfung hoffen, damit mithalten zu können (NPR Goats & Soda)
- Im US-Bundesstaat Iowa wurden weitverbreitete Coronavirusinfektionen bei Hirschen festgestellt (New York Times)
- Das Finale von COVID: Wissenschaftler*innen haben einen Anhaltspunkt, wohin sich SARS-CoV-2 entwickelt (NPR Goats & Soda)
- Der im letzten Monat veröffentlichte Welthunger-Index zeigt, dass der Hunger in 50 Ländern „ernst“, „alarmierend“, oder „äußerst alarmierend“ ist (Concern Worldwide)
Der COVID-Tracker von ONE fasst die wichtigsten Daten zu den Auswirkungen von COVID auf Afrika zusammen. Erfahren Sie hier mehr.
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